Das sagt Österreich

Warum »normal« das neue Zauberwort für ÖVP-FPÖ ist

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.  

Selten noch hat sich das politische Sommer-Theater in Österreich auf so kabarettreife Weise an einem einzigen Wort entzündet: nämlich am absurden Streitthema „Was ist normal?“.

Warum sind Schnitzerl „normal“ – Veganer aber nicht? Warum sind Auto­fahrer „normal“ – Klima­kleber aber nicht?

Hanni Mikl-Leitner hat mit ihrem G’spür für Wahlkämpfe den Streit um das Wort „normal“ entfacht. Der schon fast entschlafene grüne Vizekanzler Kogler ist putzmunter und kontert seine neue Erzfeindin aus dem Schwarz-Blau-Land als „präfaschistoid“. Der Bundespräsident macht das Ganze bei den Festspielen zur Staatsaffäre und warnt vor der Spaltung des Landes. Und Kanzler Nehammer reitet schließlich zur Verteidigung seiner Landes-Mama ein.

Das Ganze wäre eine herrliche Vorlage fürs Sommer-Kabarett, wenn …

… Ja, wenn hinter der Aufregung ums kleine Wörtchen „normal“ nicht schon der ganz große Aufmarsch für die kommenden Nationalratswahlen stünde. Wie von mir im „Insider“ vorhergesagt, eskaliert der Streit in Wahrheit über die künftige Regierungs-Koalition.

  • Auf der einen Seite steht Mikl-Leitner. Seit sie mit der FPÖ eine Koalition für NÖ geschlossen hat, ist sie in ihrer Entschlossenheit, jetzt auch im Bund eine schwarz-blaue Regierung zustande zu bringen, nicht mehr zu bremsen. Und weil jeder weiß: Wenn Hanni in der ÖVP etwas will, dann ist das ein eisernes Gesetz, schrillen bei allen Grünen in Regierung und Hofburg die Alarmglocken.
  • Deshalb ist Vizekanzler Werner Kogler jäh erwacht und beginnt den Wahlkampf-Krieg gegen die NÖ-Madonna von Schwarz-Blau. Das Wort „faschistoid“, für das sich Kogler ganz bewusst nicht entschuldigen will, hat das Wahlkampf-Feuer angeheizt. Jetzt ist es für die „Hanni“ eine „Ehrensache“, Kogler und die Grünen aus der Regierung zu entfernen.
  • Das wiederum hat auch den Bundespräsidenten geweckt. Van der Bellen sieht es als sein Lebensziel, eine neue Regierungs-Beteiligung der FPÖ und vor allem einen Kanzler oder Minister Kickl zu verhindern. Er hat dafür einen klaren Plan: Er will Herbert Kickl – auch wenn er klar Erster wird – auf keinen Fall mit der Regierungsbildung beauftragen.

Stattdessen will er dem Noch-Kanzler Nehammer – auch im Falle des zweiten Platzes – den Auftrag geben, eine „Regierung der breiten Mehrheit“ zu bilden. Darunter versteht er eine Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und den Grünen als drittem Partner, der für die erforderliche Mehrheit sorgen soll.

  • Damit sind die Fronten ab sofort klar: Auf der einen Seite stehen Mikl, Nehammer und Kickl, der gestern natürlich auch gleich Öl ins Feuer der „Normalen“ gießen musste …
  • Auf der anderen Seite kämpfen Kogler, alle Grünen und ihr grüner Hofburg-Opa gegen das drohende Schwarz-Blau und für die schwarz-rot-grüne Ampel.

Die ÖVP wittert ihren neuen Wahlkampf-Hit: In Spanien dürfte die PP mit Alberto Feijóo mit ihrer „Politik des Normalen“ gegen die linken Sozialisten an diesem Sonntag die Wahl gewinnen. Und in den USA bereiten sowohl Ron DeSantis als auch Donald Trump einen Wahlkampf der „Normalen“ gegen den „Woke-, Gender-, und Umwelt-Wahnsinn“ vor.

Die ÖVP – so scheint’s – hat ihr neues Zauberwort gefunden. Der Wahlkampf kann beginnen. Ganz normal … 

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