Schüssel stellte sich voll hinter Molterer. Dieser bedankt sich besonders bei Innenminister Platter.
Die ÖVP hat ihren Perspektiven-Prozess fürs Erste unbeschadet überstanden. Auch am zweiten Tag der Klubklausur in St. Wolfgang wurden keine Konflikte wegen Homosexuellen-Partnerschaft oder ähnlichem laut. Konzentriert hat man sich freilich lieber auf altbekannte Positionen in Sachen Bildungs- und Integrationspolitik. Klubchef Wolfgang Schüssel versicherte Vizekanzler Wilhelm Molterer seine Unterstützung. Dieser ritt in seinem Referat eine Attacke gegen Regierungschef Alfred Gusenbauer (S).
Molterer hat Probleme mit Gusenbauers neuer Rolle
"Moderation
reicht nicht" lautete die zentrale Botschaft des Vizekanzlers, der sichtlich
so seine Probleme mit Gusenbauers neu eingenommener Rolle des über den
Dingen stehenden Kanzlers hat. Statt dessen brauche es Bereitschaft zur
Verantwortung und Gestaltungswillen, den eben die ÖVP zeige, während die SPÖ
täglich das Regierungsprogramm anzweifle und sich linken Träumereien
hingebe, tadelte der VP-Chef.
Verdammung der Gesamtschule
Wiewohl Molterer einmal mehr das
Perspektiven-Papier von Parteivize Josef Pröll als Umsetzungsauftrag
hinstellte, konzentrierte man sich in St. Wolfgang dann doch lieber auf alt
Bekanntes. Vehement wurde in einer Podiumsdiskussion für das differenzierte
Schulsystem geworben. Zur Verdammung der Gesamtschule hatte man extra einen
Vertreter des hessischen Kultusministeriums einreisen lassen, der dann auch
eine ganze Liste an Horror-Zahlen ausbreitete.
Unterrichtsministerin Schmied in der Schusslinie
Besonders in der
Schusslinie stand Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S), will diese es
doch wagen, die "Neue Mittelsschule" mittels Änderung des
Schulorganisationsgesetzes und damit ohne die zwingende Zustimmung der
Schulpartner zu erproben. Offenbar fürchte sich die Ressortchefin vor der
Diskussion, mutmaßte Molterer. Bildungssprecher Fritz Neugebauer ortete gar
"Ungeheuerliches" in Schmieds Papier.
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Schüssel wiederum war bestürzt, dass auf die Lehrer "hingedroschen" werde statt sie einzubinden und zu motivieren. Damit dürften die Wunden von AHS-Chefgewerkschafterin Eva Scholik fürs Erste geheilt sein. Sie hatte in St. Wolfgang an den VP-Klub appelliert, die Umsetzung des Schmied-Entwurfs zu verhindern.
ÖVP bleibt bei harter Zuwanderungspolitik
Ihre harte Linie
behält die ÖVP auch in der Zuwanderungspolitik bei. Innenminister Günther
Platter (V) bekam sogar Extralob von Molterer für sein Vorgehen bei den
umstrittenen Abschiebungen. Dieser übte sich selbst ein weiteres Mal als
harter Mann: "Eines kann nicht sein - dass der Staat erpressbar ist."
Indirektes Plädoyer für Muliti-Kulti-Gesellschaft
Ein
wenig liberalere Botschaften sandte die Volkspartei mit ihrem
Integrationskonzept aus. Eine der Erstellerinnen des Papiers,
Arbeitsstaatssekretärin Christine Marek, gab indirekt sogar ein Plädoyer für
die "Multikulti"-Gesellschaft ab. Konkret warb sie für eine bessere
Durchmischung der Bevölkerungsgruppen in den Wohngebieten, damit man das
"Multi-Kulturelle" auch positiv erleben könne.
Integration keine Einbahn-Straße
Freilich bleibt VP-Prinzip,
dass Integration keine Einbahn-Straße sein dürfe. Marek dachte hier
Sanktionen an, wenn etwa Frauen daran gehindert würden, an Deutschkursen
teilzunehmen. Ein entsprechendes Modell in Deutschland, wo eine
Einschränkung von Sozialleistungen angedroht worden sei, habe sich bewährt.
Verpflichtendes Kindergartenjahr bei sprachlichen Defiziten
Besonderes
Augenmerk will die ÖVP auf die Sprachförderung legen. Ein verpflichtendes
Kindergartenjahr soll es für all jene geben, die im entsprechenden Alter
sprachliche Defizite aufweisen.
Homo-Partnerschaft kein Thema
Absolut kein Thema war wenigstens
im öffentlichen Teil der Klausur die von der Parteispitze verfolgte
Eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle am Standesamt. In dieser Frage
gibt es im Klub zwar genügend Skeptiker, die vor allem stört, dass diese
Ersatz-Ehe am Standesamt und nicht beim Notar besiegelt wird. Dem Vernehmen
nach wird die ÖVP-Spitze das Projekt ungeachtet dessen wie geplant
durchziehen, und das möglichst rasch.
Schüssel steht hinter Molterer
Überhaupt hat Molterer ein
Jahr nach der Wahl das Zepter in der Partei sichtlich ergriffen und sein
Vorgänger Schüssel machte eindrücklich klar, dass er und damit wohl auch der
Klub hinter dem VP-Obmann stehen: "Wir sind deine Prätorianer."