Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) will bei der Armutsbekämpfung die Schlagzahl erhöhen.
Er verwies zwar auf diverse während der Pandemie von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Einmalhilfen und Unterstützungsprogramme, diese seien aber "nicht genug", meinte er bei einem gemeinsamen Termin mit AK-Präsidentin Renate Anderl am Donnerstag. Existierende Lücken müssten geschlossen und Härten entschärft werden.
In diesem Atemzug nannte er etwa das unter Türkis-Blau auf den Weg gebrachte Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. Diesbezüglich unterstützt Mückstein die Forderungen der Soziallandesräte "nach mehr Spielraum bei der Sozialhilfe". Daher werde er sich auch für die "Reparatur" des Grundsatzgesetzes "weiter einsetzen", so der Sozialminister.
"Auftrag zu handeln"
Auf die Frage, ob er in dieser Sache den türkisen Koalitionspartner hinter sich wähne, meinte Mückstein nur, dass man - wie im Regierungsprogramm festgeschrieben - mit der Halbierung der Armut ein "klares Ziel" habe. Dabei seien Maßnahmen in allen Ressorts gefordert sowie eine Abstimmung mit den Ländern. Die 1,5 Mio. armutsgefährdeten Menschen in Österreich seien "Auftrag zu handeln". Hierzulande gebe es "manifeste Armut".
Auch brauche es "mehr Geld" für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, argumentierte Mückstein. Veränderten Zumutbarkeitsgrenzen und einem degressiven Arbeitslosengeld wie vom Koalitionspartner ÖVP in Erwägung gezogen, erteilte Mückstein mehr oder weniger eine Absage. Freilich könne man über verschiedene Modelle diskutieren, man habe aber das klare Ziel der Halbierung der Armut, und dabei sei weniger Arbeitslosengeld "nicht zielführend", so Mückstein: "Und das wird es mit den Grünen auch nicht geben." "Wir brauchen Beschäftigung", betonte der Sozialminister. Dafür müsse man die Arbeitsbedingungen verbessern, um die Leute in die Beschäftigung zu bringen. "Ich glaube nicht, dass man hier mit Druck etwas erreicht."
Attraktivere Arbeitsbedingungen
Ähnlich sieht das freilich die AK-Präsidentin: Die hiesigen Zumutbarkeitsregeln seien "ohnehin die schärfsten". De facto können Arbeitslose in ganz Österreich vermittelt werden, außer sie haben kleine Kinder. Eine weitere Verschärfung sei mit Sicherheit nicht zielführend. Stattdessen brauche es in vielen Bereichen attraktivere Arbeitsbedingungen.
Anderl konstatierte, dass während der Pandemie zwar einiges umgesetzt worden sei, fürchtet aber, dass die Bekämpfung der Armut in den Hintergrund gerät. Teilweise seien die Probleme in der Pandemie verstärkt worden. Aus der Gesundheitskrise sei eine Wirtschafts- und Beschäftigungskrise geworden, so Anderl: "Wir müssen jetzt aufpassen, dass sie nicht in einer Armutskrise endet." Jetzt müsse man aktiv werden und gegensteuern, denn der Arbeitsmarkt verschärfe sich weiter, Alleinerziehende seien besonders "stark betroffen".
Sozial- und Notstandshilfe "einfach zu gering"
Das "wirksamste Mittel" der Armutsbekämpfung sei ein Arbeitsplatz mit gerechter Entlohnung und fairen Arbeitsbedingungen. Zudem seien Sozial- und Notstandshilfe "einfach zu gering", dies müsse behoben werden. Ebenso das Arbeitslosengeld, hier ist die Erhöhung auf 70 Prozent eine lange Forderung. Die Einmalzahlungen hätten zwar geholfen, seien aber eben nur einmal geflossen, so die AK-Präsidentin. Auch die Aktion "Sprungbrett" für Langzeitarbeitslose unterstütze die AK. Die 300 Mio. müssten aber tatsächlich zusätzliches Geld sein und die Aktion müsse bis zum Ende der Legislaturperiode anhalten, so Anderl.
Ein weiteres dringendes Anliegen ist der AK die Bekämpfung der Kinderarmut. Familien bräuchten genug Geld zum Leben. Zudem sei Chancengerechtigkeit im Bildungssystem notwendig, sowie leicht erreichbare Beratungs- und Unterstützungsangebote.