Neos mahnen: 'Mit Europa spielt man nicht!' Blümel nannte es 'zutiefst anti-europäisch', gegen Grenzkontrollen zu sein.
Zu einer Debatte, wer nun mit seiner Politik die EU zerstöre, hat sich die Sondersitzung des Nationalrats zur Verlängerung der Grenzkontrollen entwickelt. Während die Neos die Koalition ins Visier nahmen, sahen ÖVP und Freiheitliche die Pinken auf der falschen Fährte.
Den Ton gab zunächst NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger vor, die meinte: "Wer die Grundfreiheiten infrage stellt, stellt Europa im Ganzen infrage." Mit Europa spiele man aber nicht: "Wehret den Anfängen."
Die Regierung nehme den Menschen und der Wirtschaft Freiheit. ÖVP und FPÖ stellten sich mit ihrer Politik gegen das vereinte Europa und das nur, weil es zum Geschäftsmodell der Regierung gehöre, Bedrohungsszenarien und Ängste zu schüren, kritisierte Meinl-Reisinger.
Blümel verteidigt Grenzkontrollen
Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP), der Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vertrat, wies die Angriffe der Neos-Obfrau zurück und nannte es "zutiefst anti-europäisch", wenn man gegen Grenzkontrollen anrede. Als vor drei Jahren die Menschen unkontrolliert ins Land geströmt seien, sei das eine "Selbstaufgabe des liberalen Rechtsstaates" gewesen.
Kontrollen seien eben nötig, bis es einen effektiven Außengrenzschutz gebe - und Österreich sei nicht alleine, auch Deutschland, Schweden, Dänemark, Frankreich und Norwegen würden weiter Grenzkontrollen anstreben, informierte Blümel. Assistiert wurde er von Parteifreund Reinhold Lopatka: Nichts sei wichtiger als das Vertrauen der Menschen in das europäische Projekt. Eine Politik wie jene der Neos richte furchtbaren Schaden für die EU an. Ganz anders Neos-Vizechef Nikolaus Scherak: Er sieht die Koalition am Weg, "unser gemeinsames Europa abzubauen und zu zerstören".
Als Inländerpartei positionierte sich wieder einmal die FPÖ. Deren Abgeordneter Roman Haider mahnte: "Mit der Sicherheit der Österreicher spielt man nicht." Um die "unerträgliche Auswirkung" der Politik offener Grenzen zu dokumentieren, las er minutenlang Berichte über ausländische Tatverdächtige in Österreich vor.
Pilz: Da hilft kein Grenzschutz
Der Konter kam prompt: Peter Pilz von der Liste Pilz setzte die Aufzählung fort, allerdings mit Taten von verurteilten freiheitlichen Straftätern: "Da hilft kein Grenzschutz, da hilft nur ein funktionierender Rechtsstaat", ätzte Pilz. In der Sache beurteilte er die Grenzkontrollen als sinnlos. Im Burgenland kämen heuer sieben Soldaten auf einen Aufgegriffenen, in der Steiermark sogar fast 16. Nötig wäre, dass Österreich endlich vor Ort helfe.
Für eine Art EU-Wahlkampf-Auftakt nützte SPÖ-Vizeklubchef Andreas Schieder seinen Auftritt. Nur kurz riss er das eigentliche Thema an, wobei er meinte, dass Grenzkontrollen alleine nicht helfen würden, Migrationsprobleme in Griff zu bekommen. Viel ausführlicher widmete er sich grundsätzlicher Koalitionsschelte in europäischen Angelegenheiten. Angeprangert wurde alles Mögliche von Sozialabbau über Einschränkung der Pressefreiheit bis hin zur Absage des europäischen Sozialministerrats: "Sie wollen auch in Europa den Sozialstaat zerstören."
Ordnungsruf für FP-General
Einen Ordnungsruf gab es am Freitag schon vor Beginn der Debatte und zwar von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach Ansicht des Protokolls der gestrigen Sondersitzung für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Dieser hatte gestern bei der Angelobung von Meinl-Reisinger als Abgeordnete "Die Kollegin war schon einmal da! Die ist keine Jungfrau!" dazwischengerufen. Die Neos zeigten sich über das Niveau des Freiheitlichen in der Folge erschüttert.