Nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals sollte die EU mit diversen Ländern milliardenschwere Deals schnüren, damit Flüchtlinge nicht mehr bis Europa kommen.
Das wäre mit der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) laut Vorabmeldung im Interview mit "Kleine Zeitung", "Oberösterreichische Nachrichten", "Salzburger Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Vorarlberger Nachrichten" und "Die Presse" (Samstag-Ausgabe).
Nehammer fordert auch Konsequenzen aus dem "Fall Leonie", dem Tod der 13-Jährigen, die nach einer gewaltsamen Begegnung mit mehreren jungen Afghanen ums Leben gekommen war. "Wir brauchen bessere Verfahrensabläufe, aber die können wir erst dann erreichen, wenn die Europäische Union uns die Möglichkeiten dazu gibt. Derzeit bewegt sich die Kommission in die völlig falsche Richtung. Das europäische Asylsystem ist gescheitert", sagte Nehammer.
Der Innenminister kündigte die Entsendung einer Spezialeinheit der Cobra an die litauische Grenze an, "weil Weißrussland tausende illegale Migranten an die Grenze karrt, um Druck auf die baltischen Staaten auszuüben. Die Reaktion der Europäischen Union ist, dass sie Litauen unterstützen, Aufnahmezentren zu finanzieren, aber nicht, Grenzsicherungsmaßnahmen in Form eines Grenzzaunes zu ergreifen. Das ist das völlig falsche Signal", so Nehammer.
Wichtiges Signal für Herkunftsländer
Derzeit gebe es grundsätzlich keinen Grund für einen Afghanen, in Österreich einen Asylantrag zu stellen. Das sehe auch die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vor, sagte der Innenminister. "Die Flüchtlingskonvention ist unser stärkster Verbündeter. Die besagt nämlich, dass sich nicht jeder aussuchen kann, wo er seinen Asylantrag stellt, im Gegenteil. Ziel ist es, Menschen in Bedrohung Schutz zu gewähren. Und das ist eben in den Nachbarstaaten."
Österreich habe immer geholfen, wenn es um die Nachbarschaft ging. "Denken Sie an die Krisen in Ungarn, Tschechien und Jugoslawien. Wir haben derzeit die drittmeisten Asylanträge in der EU. Der dänische Innenminister sagt richtigerweise, Dänemark ist ein sozialer Wohlfahrtsstaat und muss schauen, dass er das auch bleiben kann und dass das System nicht kippt. Das gilt auch für Österreich", so Nehammer.
Der Innenminister forderte schnelle Asylverfahren, einen starken Außengrenzschutz und Rückführungen. "Die Rückführungen sind das Geheimnis, weil das ist ein wichtiges Signal in den Herkunftsländern: Es hat keinen Sinn, sich auf den Weg zu machen und 5.000 Dollar der organisierten Kriminalität in den Rachen zu werfen."
Spannungsgeladenes Thema
Dabei plädierte Nehammer auch für verstärkte Abschiebungen nach Afghanistan. "Auf jeden Fall, so lange es geht. Das ist unerlässlich. Und es ist für mich ein Armutszeugnis der Europäischen Union, dass wir nicht mehr Charterflüge zustande bringen." Sollten Abschiebungen nicht mehr möglich sein, "müssen wir den dänischen Weg gehen mit Kooperationspartnern, die bereit sind, diese Menschen vorübergehend aufzunehmen, bis wir zurückführen können. Dafür bekommen sie eine Geldleistung einerseits für die Betreuung und andererseits eine Kooperation, dass es der Wirtschaft gut geht." Nehammer räumte ein, dass dies "ein spannungsgeladenes Thema zwischen uns und den Grünen ist".