Treffen mit Migrationsminister Tesfaye

Nehammer studierte dänische Migrationspolitik

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Nehammer besuchte nach dem Treffen mit dem dänischen Migrationsminister Tesfaye ein Rückführzentrum für abgelehnte Asylbewerber nahe der dänischen Hauptstadt. 

Kopenhagen/Wien. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwoch in Kopenhagen die strikte dänische Migrationspolitik und das Rückführsystem studiert. "Das europäische Asylsystem ist kaputt", sagte Migrationsminister Mattias Tesfaye nach seinem Treffen mit Nehammer. Auch deshalb setze sich Dänemark für die Errichtung von Asylzentren in Drittstaaten ein. Anschließend besuchte Nehammer ein Rückführzentrum für abgelehnte Asylbewerber nahe der dänischen Hauptstadt.

Tesfaye begründete die restriktive Migrationspolitik der dänischen sozialdemokratischen Regierung mit den Worten: "Ohne sozialen Zusammenhalt gibt es keinen Wohlfahrtsstaat." Anfang Juni hatte das Parlament in Kopenhagen die rechtlichen Grundlagen für von Dänemark finanzierte Asyleinrichtungen außerhalb Europas, etwa in Afrika, geschaffen. Den Plänen nach sollen dort Asylbewerber einen Antrag stellen können.

Vorgesehen ist allerdings, dass auch Personen, die eine Asylberechtigung bekommen, nicht unbedingt nach Dänemark einreisen dürfen, sondern im jeweiligen Drittland bleiben müssen. Die dänischen Pläne waren unter anderem von der EU-Kommission und dem UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) heftig kritisiert worden.

So kommentierte Nehammer das dänische Vorhaben

Nehammer kommentierte das dänische Vorhaben vor Journalisten mit den Worten: "Dänemark führt mit den Plänen für Asylzentren in Drittstaaten das Asylrecht wieder auf den ursprünglichen Gedanken der Genfer Flüchtlingskonvention zurück. Denn es geht darum, dass es ein Recht auf Schutz vor Verfolgung gibt, aber kein Recht, sich das Land, in dem man leben will auszusuchen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen können Impulsgeber für Europa sein und Debatten einer neuen Asyl- und Migrationspolitik maßgeblich vorantreiben."

Bezüglich einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Wien und Kopenhagen bei diesen Zentren gaben sich beide Minister indes zurückhaltend. Nehammer und Tesfaye wiesen auf das dänische Opt-out von den EU-Vorgaben bei Justiz und Inneres hin. "Das gibt uns Möglichkeiten, die Österreich nicht hat", sagte der dänische Minister.

Nehammer besuchte nach dem Gespräch mit Tesfaye die dänische Rückführungsagentur, die seit August 2020 für die Rückführungen abgelehnter Asylbewerber und anderer Personen ohne Aufenthaltsrecht zuständig ist. Auch eine Visite im Rückführungszentrum Sjaelsmark stand auf dem Programm. Auf dem ehemaligen Kasernengelände mit Backsteinbaracken unweit von Kopenhagen sind Menschen untergebracht, die kein Aufenthaltsrecht in Dänemark erhalten haben. Die Einrichtung ist für 400 Personen ausgelegt, derzeit leben 112 Erwachsene - Männer und Frauen - in den spartanisch eingerichteten Zimmern mit Gemeinschaftsduschen und -WCs. Sie stammen hauptsächlich aus dem Irak, dem Iran und Afghanistan. Nach Angaben der dänischen Behörden handelt es sich durchwegs um Menschen, die derzeit nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollen. Die Mitarbeiter der Rückkehrbehörde versuchen sie in ihren Gesprächen zu überzeugen, sich mit der von Dänemark erhaltenen Rückkehrhilfe ein neues Leben in ihrem Heimatland aufzubauen, wie es beim Lokalaugenschein des Ministers hieß.

Nehammer unterstrich Gemeinsamkeiten

Nehammer betonte nach den Besuchen: Österreich und Dänemark müssten gemeinsam Druck machen, dass die EU-Kommission beginnt, die Dinge in der Asylpolitik, die europaweit außer Streit stehen, umzusetzen. Dazu gehörten die Grenzsicherung, effiziente Rückführungen und schnelle Asylverfahren. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Österreich und Dänemark sei: "Die Dänen suchen genauso wie wir nach Lösungen mit sicheren Drittstaaten."

Die österreichischen Grünen zeigten sich indes wenig angetan von den Interessen des Koalitionspartners bezüglich Migration. "Vorschläge zur Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten gibt es immer wieder. Sie alle haben gemeinsam, dass sie nie auch nur im Ansatz funktioniert haben und schlicht gegen geltendes EU- und Völkerrecht verstoßen", so der Sprecher der Grünen für Inneres, Sicherheit und Asylpolitik, Georg Bürstmayr, in einer Aussendung vom Mittwoch. Eine solche Lösung werde es "mit den Grünen jedenfalls nicht geben". Es brauche "gesamteuropäische Lösungen, keine unilateralen Vorstöße", so Bürstmayr.

Auch die FPÖ meldete sich zur Reise des Innenministers zu Wort. Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer gab sich skeptisch bezüglich der Ernsthaftigkeit: "Bei der türkisen ÖVP kann man sich leider nie sicher sein, ob Ankündigungen und Umsetzungen am Ende dieselben Ziele verfolgen", so Amesbauer in einer Aussendung. "Wir werden die heutigen Lippenbekenntnisse des Innenministers, die er aus Dänemark öffentlichkeitswirksam übermittelt hat, morgen im Nationalrat auf die Probe stellen!" Dabei verwies der freiheitliche Nationalratsabgeordnete auf einen Entschließungsantrag, den seine Partei einbringen will. Darin wird der Innenminister aufgefordert, den dänischen Vorstoß der Asylzentren in Drittländern umzusetzen.

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