NGOs, Grüne und SPÖ fordern eine Änderung im Strafgesetzbuch. Greenpeace & Co. fühlen sich durch den Paragraf 278 über "kriminelle Vereinigungen" bedroht.
NGOs, die Grünen und die SPÖ haben am Dienstag eine Reform des Paragrafen 278 im Strafgesetzbuch, der Bestimmungen zu kriminellen Vereinigungen enthält, gefordert. Der Paragraf, nach dem auch jene Aktivisten des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), die im Mai 2008 in Untersuchungshaft genommen worden waren, angeklagt werden könnten, sei zu vage formuliert. Durch das Gesetz, das ursprünglich zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität erlassen wurde, fühlen sich nun auch NGOs wie Greenpeace bedroht. Sie sehen die Justizministerin gefordert, ebenso wie SPÖ und Grüne.
Greenpeace, SOS Mitmensch und Co.
Insgesamt 12 NGOs aus den
verschiedensten Bereichen, darunter Greenpeace, SOS Mitmensch und der WWF,
haben laut Philipp Strohm von Greenpeace einen Appell an Justizministerin
Claudia Bandion-Ortner (V) geschickt, den Paragraf 278 zu reformieren.
Bisher sei Bandion-Ortner aber zu keinem Gespräch bereit gewesen.
Unterstützung kommt nun von der SPÖ und den Grünen. "Es
ist klar: Jeder Straftatbestand gehört verfolgt. Aber es kann nicht sein,
dass man sich, wenn man nichts findet, aber etwas finden will, dieser Norm
bedient", meinte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim in Anspielung auf
den Fall der VGT-Aktivisten.
Initiativantrag
Ein entsprechender Initiativantrag zur Reform
des Paragrafen wurde von Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen,
bereits gestellt. In dem Antrag wird vorgeschlagen, in die Definition einer
kriminellen Vereinigung die Bereicherungsabsicht einzufügen. Diese sei auch
zentraler Bestandteil der "UNO-Konvention zur Bekämpfung
transnationaler organisierter Kriminalität" aus dem Jahr 2000. In
der nächsten Sitzung des Justizausschusses im Juni soll der Antrag behandelt
werden. Die ÖVP sei derzeit "noch nicht überzeugt", man
wolle sie aber für eine Mehrheit gewinnen, erklärte Steinhauser. "Ich
bin vorsichtig optimistisch."
"Mafiaparagraf"
Paragraf 278 StGB regelt das Verbot
von kriminellen Vereinigungen. NGOs kritisieren nun, das dieser zu offen
formuliert sei und somit Missbrauch möglich mache. Dabei berufen sich die
Organisationen auch auf eine mögliche Anklage der VGT-Aktivisten nach dem "Mafiaparagrafen".
Dieser Fall sei ein "Präzedenzfall", erklärte Josef
Kreitmayer von der "Initiative Zivilgesellschaft". Mit dem
Vorgehen der Behörden könnten Organisationen "in den Boden
gestampft" werden, weil beispielsweise für die NGO wichtige Daten
zurückgehalten werden könnten.
Novellierung notwendig
Der Paragraf an sich sei sinnvoll,
erklärte Kreitmayer, aber eine Novellierung sei notwendig. Die "Unschärfe"
der gesetzlichen Regelung stelle jeden, "der sich vernetzt politisch
engagiert potenziell unter Generalverdacht". Strohm glaubt, dass auch
seine Organisation durch den Paragrafen gefährdet ist. "Ein bloßer
Verdacht einer Straftat reicht aus, um ihn auch gegen gemeinnützige
Organisationen anzuwenden." Würde man etwa gefährliche Abfälle an ihren
Absender zurückschicken - eine typische Greenpeace-Aktion - wäre nicht nur
Greenpeace eine kriminelle Organisation, sondern auch alle Mitglieder und
Spender, meint Strohm. "Das ist absurd."
Bandion "zu Gesprächen bereit"
Bezüglich der
Reform des Mafia-Paragrafen hat sich ÖVP-Justizministerin Claudia
Bandion-Ortner umgehend zu Gesprächen bereiterklärt. Man sei ohnehin im
"ständigen Kontakt" mit der SPÖ und den Grünen, heißt es aus dem Ressort.
Allerdings gibt man zu bedenken, dass durch den Vorschlag, kriminelle
Vereinigungen künftig über eine Bereicherungsabsicht zu definieren, all jene
Verbrechen nicht mehr nach Paragraf 278 verfolgt werden könnten, die ohne
Gewinnstreben passieren. Darunter falle etwa auch Vergewaltigung, die von
mehr als zwei Personen begangen wird.