Ergebnisse müssen her

ÖVP attackiert Schmied wegen PISA

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Kaltenegger wirft der Ministerin fehlendes Fingerspitzengefühl vor.

Nach dem schlechten Abschneiden der österreichischen Schüler bei der PISA-Studie schießt sich die ÖVP auf Bildungsministerin Claudia Schmied (S) ein. ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger sagte am Donnerstag im ORF-Radio, die Ministerin habe seit ihrem Amtsantritt vor knapp vier Jahren "keine substanziellen Ergebnisse" vorzuweisen. "Es ist im Bildungsbereich zu wenig weitergegangen. Die Ministern muss schneller werden und endlich Ergebnisse produzieren."

Lesen Sie hier die 10 Punkte für das Bildungs-Volksbegehren !

Kaltenegger nannte konkret das im Regierungsprogramm in Aussicht genommene einheitliche Lehrerdienstrecht oder die Verbesserung der Qualität der Lehrerausbildung. Zwar sei Schmied nicht direkt Schuld am PISA-Debakel, doch könne sie auch nicht sagen, "für nichts verantwortlich" zu sein. Dadurch werde nur "schlechte Stimmung erzeugt", sagte Kaltenegger in Anspielung auf die Tatsache, dass das Bildungsministerium zuvor ein Jahrzehnt lang von der ÖVP geführt worden war. "Die Bildungsministerin ist seit vier Jahren im Amt und ist natürlich für die Bildungspolitik verantwortlich", betonte der ÖVP-Politiker.

Er warf der Ministerin auch mangelndes Fingerspitzengefühl im Umgang mit Lehrern und Eltern vor, die sie mit ihrer "unangenehmen Arbeitsweise", etwa den jüngsten "Schnellschuss" beim Landeslehrer-Dienstrecht, "vor den Kopf stößt". Kaltenegger stellte sich auch gegen Pläne, nach dem PISA-Debakel eine "Gesamtschule durch die Hintertür" einzuführen. In- und ausländische Bildungsexperten kritisieren die frühe Selektion im österreichischen Schulsystem und sehen in ihr einen der Gründe, warum die österreichischen Schüler im PISA-Test 2009 so schlecht abschneiden. Österreich landete beim Lesetest von den 34 untersuchten Staaten der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) auf dem 31. Platz und ist damit das Schlusslicht in der EU.

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Das sagen die Experten zum PISA-Ergebnis

"Die Ergebnisse bestätigen, wie dringend notwendig eine Bildungsreform ist. Ich hoffe, dass allein die Ankündigung des Volksbegehrens, verstärkt durch das erschreckende PISA-Ergebnis, ein "wake-up call“ ist und zu Aktionen führt.


Jetzt müssen wir alles mobilisieren. Da muss ein Ruck durchs Land gehen. Nicht nur die Politiker müssen handeln, sondern auch die freien Bürger sind im Interesse ihrer Kinder und Enkelkinder gefordert. Wer sich jetzt noch immer dagegen stellt, der outet sich."


"Unser veraltetes Bildungssystem geht nicht auf die Individualitäten der Schüler ein. Grund, warum wir jetzt so schlecht abschneiden, ist, dass wir seit PISA 2000 nichts machen. Und das, obwohl wir seit Jahren bestätigt bekommen, dass unsere Kinder nicht sinnerfassend lesen können. Der wirkliche Skandal ist also, dass es in Österreich immer eine engagierte Schuldzuweisungsdebatte gegeben hat, nie aber Handlungen. Wir haben die Banken mit Milliarden gerettet, die Jugend aber opfern wir."

"Im Wesentlichen zeigt der Test das gleiche Ergebnis wie 2006. Seitdem sind aber keine Reformen passiert. Es geht im schulpolitischen Bereich nichts weiter. Jede Diskussion artet in einen machtpolitischen Diskurs aus. Man vergisst ständig, die Schüler in den Mittelpunkt des Bildungssystems zu stellen. Es ist aber positiv, dass die Bildung jetzt in aller Munde ist und auch ein Volksbegehren geplant ist. Von dessen Inhalten wird abhängen, ob wir Schüler es dann auch unterstützen."

"Das Geld für PISA hätte man sich sparen können. Dass es enorme Probleme mit der Lesekompetenz gibt, ist doch jedem Lehrer längst klar. Vielleicht geht die Bildungspolitik nach den PISA-Ergebnissen endlich die Reformen an, die wir seit vielen Jahren fordern. Wenn PISA dafür nützlich war, ist es das Geld vielleicht wert. Es darf aber jetzt nicht wieder um Diskussionen über Schulorganisationen und Kompetenzzu¬gehörigkeiten gehen, sondern um qualitative Maßnahmen."

Pisa-Absturz: Die Reaktionen

"Es ist dringend notwendig, nun unsere Bildungsreform voranzutreiben".

"Schallende Ohrfeige für alle schulpolitischen Bremser".

"Frau Schmied wird erklären müssen, wie es zu den Ergebnissen gekommen ist. Das ist sicher kein Ruhmesblatt".

"Die im Schulbereich notwendigen Reformschritte müssen rasch umgesetzt werden".

"Es gibt nichts zu beschönigen, die Lage ist ernst".

PISA-Präsentation

Bildungsministerin Claudia Schmied und Günter Haider, Direktor des für die Österreich-Tests zuständigen Bundesinstituts für Bildungsforschung, präsentierten am Dienstag im Ares-Tower die Ergebnisse der aktuellen PISA-Studie.

Haider zu den wenig erfreulichen Resultaten: "Das Ergebnis kann uns als Kulturnation nicht zufrieden stellen. 25.000 verlassen jedes Jahr die Hauptschule, ohne lesen zu können."

„PISA ist ernst zu nehmen. Österreich schöpft das Begabungs- und Leistungspotenzial der Schülerinnen und Schüler bei weitem nicht aus", so die Ministerin.

Nach dem schlechten Abschneiden Österreichischer SchülerInnen fordert Schmied mehr denn je eine rasche Umsetzung der Bildungsreform. Parteiintern bekommt sie Rückenstärkung; Gegenwind kommt von der ÖVP.

"Parteipolitische Grenzen müssen im Interesse unserer jungen Menschen und der Zukunft Österreichs überwunden werden. Lasst Worten Taten folgen,“ appelierte Schmied.

"PISA 2009 bekräftigt mich, konsequent und hartnäckig für Reformen einzutreten“, so die Ministerin.

Zum "Umgang" mit den Resultaten rät die Unterrichtsministerin, dass die üblichen „PISA-Rituale“ − (1) PISA-Präsentation, (2) Wer hat Schuld? (3) Gründung von Kommissionen, (4) geringe Reformbereitschaft − diesmal erst gar nicht beginnen. Reformen müssen her.