Die ÖVP vollführt beim Thema verpflichtendes Kindergartenjahr wieder einen Schwenk: Jetzt soll es nur Kinder mit Sprachdefiziten betreffen.
Da soll sich noch einer auskennen: Im Sommer 2007 forderte Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) ein verpflichtendes Gratis-Kindergartenjahr für alle. Doch die Parteilinie war: Pflicht nur für Kinder mit Sprachdefiziten. Bis im vergangenen Wahlkampf VP-Chef Wilhelm Molterer umschwenkte und ein verpflichtendes und kostenloses Kindergartenjahr für alle Fünfjährigen forderte. Hahn sprach sich sogar für Sanktionen bei Nichtbefolgung aus, etwa eine Koppelung an die Familienbeihilfe. Doch nun macht Hahn wieder kehrt und spricht sich gegen eine strikte Pflicht aus.
Pflicht nur bei Sprachproblemen
Hahn folgt in den
Koalitionsverhandlungen mit seinem Gegenüber von der SPÖ,
Unterrichtsministerin Claudia Schmied, nun wieder der alten VP-Linie, die
einen Kindergartenbesuch nur empfiehlt, wenn 1,5 Jahre vor Volksschulbeginn
bei einem Kind ein Sprachdefizit festgestellt wird. Geht ein Kind auch dann
noch nicht in den Kindergarten, sollte die Familienbeihilfe gestrichen
werden - auch das würde einem Zwang gleichkommen.
In den Gesprächen mit Schmied - Hahn rechnet mit einem Ergebnis in etwas mehr als einem Monat - will der Minister zudem eine "wissenschaftliche Untersuchung der Neuen Mittelschule" fordern. Und zwar nach einem mindestens vierjährigen Durchlauf, wobei die Evaluationskriterien schon jetzt festgelegt werden müssen, sagte Hahn in der "Presse". Die bereits laufende wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der "Neuen Mittelschule" durch das "Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens" (BIFIE) sei zu wenig, sagte die Minister-Sprecherin. Eine Fixierung der "Neuen Mittelschule" im Regelschulwesen kommt jedenfalls für den Minister auf Jahre hinaus nicht infrage.
Im Büro von Unterrichtsministerin Claudia Schmied zeigte man sich angesichts der neuen Kindergarten-Position der ÖVP "verwundert". Im Wahlkampf habe die VP noch ein ganz andere Position vertreten.