Zusammenführung

ORF setzt auf Standort Küniglberg

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Künftig werden alle Wiener ORF-Standorte am Küniglberg zusammengeführt.

Lange wurde diskutiert, nun ist es fix: Die Wiener Standorte des ORF werden am Küniglberg zusammengeführt. Der Stiftungsrat hat in seiner letzten Sitzung der aktuellen Periode den entsprechenden Antrag der Geschäftsführung mit breiter Mehrheit abgesegnet. Das knapp 300 Mio. Euro teure Bauvorhaben soll bis 2021 abgeschlossen sein. Zentraler Punkt ist die Errichtung eines trimedialen Newsrooms.

Wrabetz erleichtert
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zeigte sich am Donnerstag erleichtert, gehe mit diesem Beschluss doch auch eine "große qualitative Veränderung des ORF" einher, den man damit für die Zukunft vorbereiten wolle. "Das ORF-Zentrum wird tatsächlich das Zentrum des ORF." Angesichts neuer medialer Herausforderungen gelte es, "das Synergiepotenzial optimal" zu nutzen, was die Zusammenarbeit von Fernsehen, Radio und Online betreffe. "Und klar ist auch: Der finanzielle Spielraum wird nicht größer." Durch die Zusammenführung ergebe sich ein jährlicher Kostenvorteil von rund 10 Mio. Euro.

Besonders betont wurde, dass man Bereiche des jetzigen Funkhauses in der Argentinierstraße weiterhin als "Kulturstandort" sichern wolle. Dies betreffe in erster Linie den großen Sendesaal, das Hörspielstudio sowie bestimmte Infrastrukturen. Insgesamt sind davon rund 15 Prozent der Fläche des gesamten Komplexes betroffen. Sollte das Funkhaus schließlich veräußert werden, könnte man entweder die betreffenden Flächen zurückmieten oder diese Teile gar nicht mitverkaufen.

Radio übersiedelt auf den Küniglberg
Die Mitarbeiter von Ö1, FM4 sowie dem Landesstudio Wien werden aber ebenso wie ihre Kollegen von Ö3, Online und Teletext, die derzeit in Heiligenstadt beheimatet sind, auf den Küniglberg übersiedeln. Insgesamt sind laut ORF-Finanzdirektor Richard Grasl rund 700 Personen betroffen. Um dem Nachteil von langen Anfahrtswegen in die Innenstadt zu begegnen, ist ein - ebenfalls trimedial ausgestattetes - Stadtstudio geplant. Ob dieses sich möglicherweise im Funkhaus, rund um das Parlamentsstudio oder an einem neuen Standort befinden wird, steht allerdings noch nicht fest.

Bedenken, dass eine Zusammenführung Auswirkungen auf die journalistische Unabhängigkeit der einzelnen Sender haben werde oder gar zu einem Personalabbau führe, versuchte die Geschäftsführung zu zerstreuen. "Es geht nicht um journalistischen Einheitsbrei, sondern im Gegenteil darum, die starken Senderidentitäten und die Vielfalt aufrecht zu erhalten", so Wrabetz. Angesichts des gestiegenen Outputs durch neue Plattformen müsse man aber die Kompetenzen bündeln und medienübergreifend an gemeinsamen Projekten arbeiten. "Aber nicht jeder wird multimedial arbeiten."

"Die Zusammenführung ist kein Mitarbeiter-Einsparprogramm", unterstrich wiederum Grasl. Dem Projekt nach wie vor skeptisch gegenüberstehende Mitarbeiter will man überzeugen und "ins Boot holen". Die weitere Vorgehensweise sieht einen Architektenwettbewerb vor, bei dem es im zweiten Halbjahr zu einem Zuschlag kommen soll. Ein Generalplaner soll in den nächsten Wochen feststehen. Den Baubeginn gab Grasl mit 2016 an, davor werden noch die bereits laufenden Standsicherheitssanierungen des Hauptgebäudes durchgeführt. Noch zu entscheiden habe man über die Finanzierungsform.

Modernisierung
Die Zusammenlegung beinhalte auch eine Modernisierung des ORF-Zentrums. "Wir sehen das als klares Bekenntnis, den ORF insgesamt zusammenzuhalten und als großes, starkes, multimedial aufgestelltes, integriertes Medienunternehmen zu positionieren", so Wrabetz. Journalistisch müsse man sich für das Jahr 2020 und die Zeit darüber hinaus rüsten und flexibel bleiben. Die innere Pluralität der Sender werde man in jedem Fall gewährleisten.

Der nun anstehende intensive Detailplanungsprozess beinhaltet laut Wrabetz auch die Kommunikation mit den Mitarbeitern und Führungskräften, die es einzubinden gelte. "Es wird die Möglichkeit geben, Fragen, Besorgnisse und Bedenken entsprechend zu äußern." Abgesehen davon gehe es auch darum, den Gebührenzahlern darzulegen, dass "das der wirtschaftlichste Umgang mit Gebührenmitteln für die Zukunft ist".

Für Brigitte Kulovits-Rupp, Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, ist der Beschluss "das Ergebnis einer konstruktiven Zusammenarbeit des Stiftungsrates und der Geschäftsführung". Bis zuletzt habe man von verschiedenen Seiten geäußerte Bedenken "sehr ernst genommen" und berücksichtigt. "Kaum eine Entscheidung hat sich der ORF so schwer gemacht und so gründlich vorbereitet", erklärte Franz Medwenitsch, Vorsitzender des Ausschusses für Finanzen und Technik des Stiftungsrats. "Strategisch und wirtschaftlich" sei die Zusammenlegung die beste Lösung. "Der beste Garant für journalistische Unabhängigkeit ist ein wirtschaftlich gesundes Medienunternehmen."

Kritisch äußerte sich nach dem Beschluss Zentralbetriebsratsobmann Gerhard Moser. Es sei zwar ein historischer Tag für den ORF, aber "wahrlich kein guter". Er zeigte sich nicht zuletzt aufgrund der Aufgabe des Funkhauses als Radiohaus besorgt und warnte "trotz vollmundiger Gegenbeteuerungen der Geschäftsführung" vor "Personalabbau, journalistischen Legebatterien, der Beschädigung gewachsener und erfolgreicher Senderidentitäten und Strukturen, sowie einem verwaisten Radiokulturhaus, in dem kein Radio mehr produziert wird".

Positiver steht Betriebsrat Robert Ziegler dem Vorhaben gegenüber, sei ein gemeinsamer Standort doch "für die Zukunft des ORF und seiner Mitarbeiter der sichere Weg ist". Er verwies ebenso wie sein Kollege Gerhard Berti auf die Zusage der ORF-Chefetage, "dass es durch die Zusammenführung zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommt". Daher hätten sie dem Antrag auch zugestimmt. Insgesamt stimmten 26 Stiftungsräte für den Antrag bei sechs Enthaltungen sowie drei Gegenstimmen.
 

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