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ÖVP-NÖ-Klubchef fordert 'mehr Respekt für Politik'

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Respekt müsse in der Politik wieder einen höheren Stellenwert bekommen.

Diese Mahnung hat Klaus Schneeberger, scheidender Klubobmann der ÖVP im NÖ Landtag, im Gespräch mit der APA unterstrichen. Er ist seit 7. Juni 1993 und somit seit fast drei Jahrzehnten Abgeordneter. Den Klub der Volkspartei führt er seit 17. Februar 2000 an. Bei der Landtagswahl am 29. Jänner 2023 tritt der 72-Jährige, der auch Bürgermeister von Wiener Neustadt ist, nicht mehr an.

"Die Frage, wie man miteinander umgeht, dass plötzlich Hass mitspielt, da denke ich mir, wir sind nicht mehr in der Zweiten Republik", sagte Schneeberger. Daher sein Credo: "Bitte habt Respekt voreinander" und "Respekt vor dem System". Das heiße freilich nicht, "dass kritische Auseinandersetzungen nicht erlaubt sind".

Laut Schneeberger gibt es plötzlich das Miteinander nicht mehr, "weil man skandalisiert", weil man anonyme Aktivitäten zum Anlass für Vorverurteilungen nehme. "Das war nie der Stil im Land. Ich bin maßlos enttäuscht, dass diese Art von Politik überschwappt vom Bund", betonte der Langzeit-Mandatar. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an eine Weiterentwicklung Niederösterreichs in den vergangenen drei Jahrzehnten, die kaum vorstellbar gewesen sei.

Der Gedanke, dass die ÖVP künftig nicht mehr den Landeschef bzw. die Landeschefin stellen könnte, sei "nicht unberechtigt", so Schneeberger. "Wir wissen, dass absolute Mehrheiten nahezu der Vergangenheit angehören." Zudem habe ihm "so mancher Sozialdemokrat" schon gesagt, "warte nur, nach der Wahl werden wir das Wiener Neustädter Modell machen". Das hieße, "dass sich alle zusammentun, um den Stärksten zu verhindern und einen Franz Schnabl (SPÖ) zum Landeshauptmann zu machen. Diese Gefahr ist vorhanden", erklärte der Klubobmann der ÖVP. "Allianzen zwischen Rot, Blau und NEOS" seien sicht- und spürbar. "Oft habe ich den Eindruck, dass sich Franz Schnabl schon als Landeshauptmann sieht."

Die ÖVP unter Schneeberger hatte 2015 als damalige Zweite in Wiener Neustadt mit FPÖ, Grünen sowie zwei Listen eine Einigung über eine "bunte" Stadtregierung erzielt. Die SPÖ verlor dadurch das Amt des Bürgermeisters. Fünf Jahre später holte die Volkspartei in der zweitgrößten Stadt des Landes souverän Platz eins.

Die Ausgangsposition der ÖVP vor der Landtagswahl sieht Schneeberger zunehmend schwieriger. Es gehe immer stärker unter die Gürtellinie, man suche Skandale, "wo keine sind". Der Wähler wolle freilich eine Weiterentwicklung des Landes.

Zu den Vorwürfen gegen ORF-Landesdirektor Robert Ziegler aus dessen Zeit als Chefredakteur im Landesstudio merkte Schneeberger an, dass der ORF Niederösterreich ein Regionalsender sei, der Dinge transportieren solle, die im Bundesland passierten. Natürlich sei ein Regierungstruppe der Volkspartei mit sechs Mitgliedern stärker im Fokus als eine Minderheitsfraktion. "Das liegt ja in der Natur der Sache. Wir haben eine absolute Mehrheit und die meisten Agenden im Land. Das hat mit parteipolitischer Zuordnung nichts zu tun."

Schneeberger stellte in diesem Zusammenhang die Frage in den Raum, wie oft (in der Pandemie, Anm.) etwa SPÖ-Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig im Fokus der Berichterstattung gestanden sei. "Da hat sich niemand aufgeregt." Die Medienpräsenz bilde natürlich auch die Verhältnisse des Landes ab. Letztere "hat uns der Wähler in der Größenordnung gegeben".

Eine Situation wie jetzt habe er in den vergangenen 30 Jahre nicht erlebt, fügte Schneeberger hinzu. Er orte einen "fast spürbaren Hass" auf Niederösterreich und die ÖVP, eine Hetzjagd linker Journalisten und Meinungsmacher. Das erschüttere die Demokratie.

Der Abschied aus dem Landtag fällt dem 72-Jährigen "sehr schwer, das gebe ich zu". Wäre es nicht so, "hätte ich etwas falsch gemacht". Die Funktion des Klubobmanns sei ihm "auf den Leib geschneidert" gewesen. Er habe "als Scharnier" agiert, für die Verbindung innerhalb der Fraktion, zu den Regierungsmitgliedern, aber auch zu den anderen Parteien gesorgt. Er sei "mit Leib und Seele bei der Sache gewesen". Um wieder in die Politik zu gehen, würde er zwar "fünf Mal überlegen", es aber "trotz aller Bedenken" neuerlich tun.

Bürgermeister in Wiener Neustadt bleibt Schneeberger. Im achten Jahr in dieser Funktion sei er "noch jung" im Amt. Er wolle auch 2025 wieder antreten, "wenn ich gesund bleibe". Er habe sich vorgenommen, das eine oder andere Vorhaben in der Stadt noch umzusetzen, "weil ich Dinge nicht nur beginne, sondern auch vollende".

Als "fachliches Projekt" in seiner Zeit in der Landespolitik steht für den scheidenden Mandatar wenig überraschend das Krebsbehandlungs- und Forschungszentrum MedAustron, beheimatet in Wiener Neustadt, an der Spitze. Schneeberger bezeichnet es als "mein Herzstück". Als wichtigstes politisches Projekt nannte er im APA-Gespräch "Name vor Partei". Es handle sich um ein "Signal der personifizierten Wahl", das in Niederösterreich seit 2003 gilt.

Diskussionen über den Proporz im Bundesland seien verständlich, allerdings verwies Schneeberger auf "wenig ideologische Auseinandersetzungen" in der Landespolitik, die "wie Kommunalpolitik fast Sachpolitik" sei. "Da darf man nicht sagen, nur der Erste und der Koalitionspartner sind jene, die Sachpolitik vertreten. Man kann kritische Minderheit sein und trotzdem mitarbeiten. Reine Opposition ist eine Nein-Sager-Geschichte."
 

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