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FPÖ buhlt um die ÖVP, die redet mit SP über Koalition

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Wer in SPÖ und ÖVP bereits über Regierung redet und: Blaue suchen VP-Nähe.

Taktiken. Herbert Kickl weiß freilich um die Gefahr. Immerhin hatte er 1999/2000 als damaliger Mitarbeiter des FPÖ-Bundesgeschäftsführers Gernot Rumpold genau miterlebt, wie ÖVP und FPÖ das seinerzeit gegen die SPÖ gespielt hatten.

Die Rede ist von den Koalitionsavancen zwischen Blau und Schwarz, die bereits vor der Wahl dezent gestartet waren und die damalige Nummer eins – die SPÖ erzielte 34 Prozent, während FPÖ und ÖVP je knapp 27 Prozent hatten – am falschen Fuß erwischten.

2000 wurde jedenfalls die Koalition zwischen der schwarzen Nummer drei und der blauen Nummer zwei gegen die SPÖ gebildet. Die Masterminds dieses „Coups“ hießen seinerzeit Jörg Haider und Wolfgang Schüssel. Im Jahr 2024 könnte sich dieser „Coup“ nun gegen die FPÖ richten, befürchten ziemlich viele Blaue.

FPÖ sucht Kontakt zu ÖVP-Funktionären

Daher versuchen Blaue nun teilweise um die ÖVP – Bundeskanzler Karl Nehammer schließt eine Koalition mit Kickl aus – zu buhlen. Das spielt sich von Mitarbeiter und Lobbyistenebenen bis zu Landespolitikern und Mandataren ab.

Die Hoffnung der Blauen: Dass Nehammer „am Tag nach der Wahl weg“ wäre und sie dann einen anderen VPler – etwa Finanzminister Magnus Brunner – als Vizekanzler in eine blau-schwarze Koalition locken könnten. Das ist freilich auch Nehammer klar.

Vorbild 2000. Er hat freilich den Vorteil, dass er von einstigen ÖVP-Verhandlern ebenso genau weiß, wie das 2000 ablief. Und so führt Nehammer im Hintergrund bereits dezente Gespräche mit Roten.

Einer, mit dem der Draht besonders gut sein dürfte, ist Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke. Aber auch zu SPÖ-Nationalratspräsidentin Doris Bures dürfte die Gesprächsbasis besser sein, als manchen in der SPÖ und der ÖVP klar sei, berichten Insider.

Und selbst mit SPÖ-Vorsitzendem Andreas Babler gebe es eine gewisse Basis.

So eine Konstellation wäre allerdings „nur realistisch, wenn die ÖVP Nummer zwei wird und die SPÖ auf Platz drei liegt“, sind sich Politiker in beiden Parteien einig.

Sollte die SPÖ auf Platz zwei liegen, würden Teile der ÖVP, die extreme Emotionen gegen die Roten haben und sich den Blauen näher fühlen, selbst lieber den Vizekanzler unter Herbert Kickl spielen, meinen Rote wie Schwarze.

Immerhin sei das ­quasi auch Niederösterreichs VP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner passiert, die lieber mit der SPÖ koaliert hätte, aber von Teilen ihrer Partei – freundlich ausgedrückt – gedrängt wurde, mit den Blauen eine Regierung zu bilden. In der blauen Welt hofft man jedenfalls auf eine Wiederholung dieses Szenarios – und auf Platz zwei für die Roten.

Kickl, der sowohl 2000 als auch 2018 als Skeptiker einer schwarz-blauen Regierung galt und seit jeher ein tiefes Misstrauen gegen ÖVP-Politiker hegt, dürfte seine Bedenken längst aufgegeben haben.

„Er will regieren“. In der FPÖ sind sich ziemlich viele sicher, dass „er unbedingt regieren“ wolle. Dass er ähnlich wie der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders oder einst Jörg Haider auf den Regierungschefsessel verzichten könnte, bezweifeln aber die meisten Blauen. Auch, weil sich einige Freiheitliche genau das eigentlich wünschen würden.

„Dann würde er aber das Gesicht verlieren“, meint ein Blauer, der daran erinnert, dass Kickl stets meinte, dass „Haiders größter Fehler war, auf den Kanzlerjob verzichtet zu haben“. Ob sich 24 Jahre später die Geschichte doch wiederholt? Nur in anderen Farbenspielen?

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