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Rauer Ton im Parlament: 77 % der Ordnungsrufe gingen an die FPÖ

Im Parlament wird mehr denn je unflätig gestritten. Und es ist die FPÖ, die für die Verschärfung des Gesprächsklimas sorgt.

Eklat. Das war sogar dem blauen Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz zu viel. Als Herbert Kickl Mitte Mai der Regierung mitsamt einer ganzen Latte von Vorwürfen auch noch „Kurpfuscherei“ – und damit ein Strafdelikt – vorwarf, war das Fass übergelaufen. „Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf“, ließ Rosenkranz seinen Parteichef wissen, der sich dafür auch noch bedankte.

Ordnungsrufe in der 28. Gesetzgebungsperiode

  1. FPÖ 14
  2. Grüne 3
  3. ÖVP 1

       Summe: 18  

Drei Viertel an die Blauen

18 Mal musste die Nationalratsspitze bis jetzt Mandatare tadeln, die verbal über die Stränge schlugen – und die Frage, wer für die stetige Verschärfung des Klimas im Hohen Haus verantwortlich ist, beantwortet sich von selbst: 14 Ordnungsrufe – das sind knapp 77 % – gingen an FPÖ-Politikerinnen und -Politiker.

FPÖ steigerte sich

Die FPÖ-Dominanz im mehr oder weniger salonfähigen Heruntermachen von politischen Gegnern ist zwar nicht ganz neu – in der letzten Gesetzgebungsperiode gingen 124 oder 60 % der 205 Ordnungsrufe auf FPÖ-Konto –, doch hat man sich bei den Blauen nochmals gesteigert. Der Unterschied zu früher: Zwischen 2020 und 2025 war Herbert Kickl einsamer Spitzenreiter – 36 Mal war er zur Ordnung gerufen worden, fast ein Drittel der FPÖ-Rügen gingen also an ihn. Seit der Wahl musste sich Kickl während der Regierungsbildung zumindest ein bisschen staatstragend geben: Er hält bei zwei Ordnungsrufen, das zweite Mal, weil er der Regierung ein „hirnrissiges“ Vorgehen attestierte. Eklat um „viel Spaß“ bei Kriegsverbrechen.

Diktatur und Papageien

Dafür springen die Parteikolleginnen und Kollegen ein: Der letzte Fall war Kickls Vertraute Dagmar Belakowitsch, die Abgeordneten der anderen Parteien attestierte, diese hätten bei ihrer Reise in die Ukraine zum Schauplatz russischer Kriegsverbrechen „Spaß“ gehabt.

Pracher-Hilander

Nationalratsabgeordnete Katayun Pracher-Hilander (FPÖ) 

© Parlamentsdirektion/ Thomas Topf

Zweimal wurde FPÖ-General Michael Schnedlitz gerügt, dazu kamen zwei Newcomer, die auf Anhieb vier Rügen ausfassten: Die Impfgegnerin Katayun Pracher-Hilander nannte die Regierung an einem Tag eine „neue, diktatorisch geführte Staatsform“ sowie ihre Abgeordneten-Kollegen „bunte Politpapageien“ – die 3. Präsidentin Doris Bures griff umgehend ein. Der Tiroler Christoph Steiner warf seinen Abgeordnetenkollegen gleich vor, für Massenvergewaltigungen verantwortlich und korrupt zu sein. Das fand Rosenkranz doppelt tadelnswert. Weitere fünf blaue Mandatare wurden jeweils einmal zur Ordnung gerufen.

Nationalratsabgeordneter Christoph Steiner (FPÖ).

Nationalratsabgeordneter Christoph Steiner (FPÖ) 

© Parlamentsdirektion Thomas Topf

Und dann auch Kogler

Grünen-Chef Werner Kogler bekam zwei Rügen, einmal weil er Kickl „Volksverhetzer“ nannte, besonders streng verfuhr Rosenkranz mit der angehenden Parteichefin Leonore Gewessler, dabei hatte sie der Regierung vergleichsweise sanft „Frotzelei“ vorgeworfen.

Strenger Rosenkranz

Rosenkranz
© APA/ROLAND SCHLAGER

Von den drei Präsidenten erwies sich Rosenkranz mit neun Rügen als der Strengste, Bures griff sechs Mal ein, der 2. Präsident Peter Haubner von der ÖVP vier Mal. Kein Unrechtsbewusstsein. Was noch auffällt? Während ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen ihre Rügen fast immer kommentarlos zur Kenntnis nehmen, gibt es bei den Blauen stets ein großes Hallo. Meistens wiederholen dann blaue Mandatare die Beschimpfung von den Sitzreihen auf. Beispiel gefällig? Hier das Protokoll eines Ordnungsrufes an die FPÖ-Mandatarin Irene Eisenhut: „Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, für den Ausdruck Dumm-Verkaufen der Bevölkerung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Für die Wahrheit muss man sich nicht schämen! – Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist der Ort der freien Rede!)“ srufe 28. Gesetzgebungsperiode

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