Am Dienstag gedachten Nationalrat und Bundesrat den NS-Opfern. In seiner Rede würdigte Bundespräsident Fischer die Arbeit des Europarates.
Der Nationalrat und der Bundesrat haben am Dienstag im Rahmen des Gedenktages gegen Gewalt und Rassismus der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Die Gedenkveranstaltung stand auch im Zeichen des vor 60 Jahren gegründeten Europarates, einer Institution für den Schutz der Menschenrechte. Bundespräsident Heinz Fischer (S) würdigte dessen Arbeit und erklärte, man müsse sich zum europäischen Menschenbild und zur Demokratie bekennen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) betonte, der Gedenktag sei "keine Pflichtübung".
Rassismus immer aktuell
"Bis heute nicht leicht zu verstehen und
noch schwerer zu beantworten" sei die "simple" Frage, "wie konnte es dazu
kommen", so Fischer in seiner Rede im Parlaments. Eines stehe aber fest: Es
genüge nicht, Adolf Hitler verantwortlich zu machen, es "ist auch nicht
damit getan, sich an die Verbrechen dieser Epoche zu erinnern". Man müsse
sich etwa mit "dem Problem der Intoleranz" und dem "Phänomen des
Wegschauens" beschäftigen. Auch gehe es darum, sich mit Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit auseinanderzusetzen.
Europäische Werte
Andererseits "müssen wir uns zu Werten und
Prinzipien bekennen", erklärte der Bundespräsident, "zum europäischen
Menschenbild, zu Menschenrechten und zur Demokratie". "Das ist nicht
altmodisch, sondern unverzichtbar für die Stabilität einer Gesellschaft."
Derartige Lehren habe man nach 1945 zu ziehen versucht und auch gezogen,
etwa in Form des Europarates.
Mauthausen-Schändungen
Obwohl der Gedenktag gegen Gewalt und
Rassismus schon seit über zehn Jahren stattfinde, dürfe er "nicht zum reinen
Formalakt" werden, denn Gedenken sei mehr als Erinnerung, betonte Prammer.
Prammer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Schändungen der Gedenkstätte
Mauthausen und die "nach wie vor vielen Verstöße gegen das Verbotsgesetz".
Gefährliche Zeiten
Man müsse Ausgrenzung aufzeigen,
konsequent gegen Diskriminierung von Minderheiten auftreten und außerdem
dürfe man Antisemitismus, Leugnung, Verharmlosung und Relativierung der
nationalsozialistischen Verbrechen nicht zulassen. "In Zeiten der Krise sind
antisemitische und rassistische Ressentiments leichter zu schüren", erklärte
Prammer. Die Verstärkung der sozialen Missverhältnisse und die zunehmende
Radikalisierung des politischen Klimas seien wesentliche Vorbedingungen für
den Aufstieg des Faschismus gewesen.
Gefahr bewusst sein
Fritz Neugebauer (V), Zweiter
Nationalratspräsident, meinte in seiner Rede: "Seien wir uns der Gefahr
bewusst: Erinnerungen an die Gräueltaten werden schwächer, verblassen mit
der Zeit und irgendwann merkt man, dass man damit leben kann. Das ist die
wirkliche Gefahr."
Seit 1997 Gedenktag
Der Gedenktag wird immer am 5. Mai
abgehalten, an jenem Tag, an dem im Jahr 1945 das Konzentrationslager
Mauthausen befreit wurde. Er geht auf eine gemeinsame Entschließung von
Nationalrat und Bundesrat im Jahr 1997 zurück. Neben der Gründung des
Europarates vor genau 60 Jahren war heuer auch die kritische Betrachtung und
Analyse der österreichischen Gedenkkultur thematischer Schwerpunkt.