Der Streit um den EU-Kommissar macht Österreich zur Lachnummer Europas. Jetzt will Vizekanzler Josef Pröll die Stopp-Taste drücken.
16 Länder (von 27 EU-Mitgliedern) haben ihren EU-Kommissar bereits fix nominiert. Am Samstag kam Deutschland dazu. Noch am Tag der Regierungsbildung beschloss das neue schwarz-gelbe Kabinett: Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Öttinger (CDU) geht als deutscher EU-Kommissar nach Brüssel.
Heißt: Die attraktivsten Ämter (Agrar, vermutlich nun auch Wissenschaft) sind längst weg. Übrig bleibt, was keiner haben will.
In Österreich ist nach dem Debakel am Freitag aber frühestens in zwei Wochen mit einer Entscheidung zu rechnen. Europas Diplomatie lacht inzwischen über Österreich. Das Gezänk richte enormen Schaden an, heißt es hinter Polstertüren.
Nun will Vizekanzler Josef Pröll die Notbremse ziehen. „Die Menschen fragen sich ja, ob wir in diesen Tagen keine anderen Sorgen haben“, sagt er im ÖSTERREICH-Interview. „Mein Appell: Zurück zu den Themen, um die es wirklich geht.“
ÖSTERREICH: Die Frage, wer EU-Kommissar wird, ist immer
noch nicht entschieden. Schadet dieses Tauziehen nicht dem Land? |
Derzeit dominiert freilich weiter der leidige rot-schwarze Konflikt um den nächsten heimischen EU-Kommissar.
Geheim-Deal
Freitagabend hatten SP-Bundeskanzler Werner Faymann
und Pröll darüber beraten, wer Nachfolger von Benita Ferrero-Waldner werden
soll. VP-Wissenschaftsminister
Johannes Hahn war bereits als Kompromisskandidat fix. Bis – wie
ÖSTERREICH berichtete – eine gezielte Indiskretion die Einigung zum Platzen
brachte.
Jetzt geht der Poker in die nächste Runde: Werner Faymann betonte am Samstag beim burgenländischen SP-Parteitag, dass er „weiter Benita Ferrero-Waldner“ als EU-Kommissarin „unterstützt“. Josef Pröll will sich wie bisher „nicht auf Namen festlegen“. Er wolle ein „wichtiges Ressort“. Die Stimmung zwischen den Koalitionspartnern ist wieder unterm Gefrierpunkt.
Molterer winkt ab
Zurzeit hat die ÖVP freilich die besseren
Karten im Kommissars-Poker: Die SPÖ hatte der ÖVP bekanntlich das
Vorschlagsrecht überlassen.
Einen kleinen Punktesieg konnte die SPÖ allerdings erzielen: VP-Favorit Wilhelm Molterer ist aus dem Rennen. Der Ex-Vizekanzler will selbst nicht länger Kommissar werden, berichten mehrere Regierungspolitiker.
Ferrero-Waldner hingegen ist nach wie vor „für eine weitere Amtsperiode als Kommissarin offen“. Und der neueste Favorit, Johannes Hahn, hatte im ÖSTERREICH-Interview erklärt, dass er als Wissenschafts-Kommissar zur Verfügung stünde.
EU-Chef José Manuel Barroso wünscht sich allerdings eine Frau. Unter den 16 fixierten Kommissaren sind bisher nur drei…