Vernünftige Sammelklagen gibt es in Österreich noch immer nicht - trotz jahrelanger Debatten darüber.
In Wien findet von Donnerstag bis Samstag die 37. Europäische Präsidentenkonferenz der Rechtsanwälte statt. Bereits im Vorfeld haben die Österreichischen Rechtsanwälte auf die Einführung der Gruppenklage gepocht. "Unsere Gruppenklage könnte ein Modell für Europa werden", ist Präsident Gerhard Benn-Ibler überzeugt. Wesentlich sei, dass die individuellen Ansprüche der Kläger erhalten bleiben.
Sammelklage auf Ö-Art
Derzeit besteht bei einem
Schadensfall, der mehrere Menschen betrifft, nur die Möglichkeit zu einer
"Sammelklage österreichischer Prägung" - ein Konstrukt verschiedener
Vorschriften. Dabei treten aber mehrere Verbraucher ihre Ansprüche an einen
Verband ab. Die neue Gruppenklage dagegen soll es dem Kläger ermöglichen,
seinen individuellen Anspruch direkt durchzusetzen, ohne ihn an Dritte
abzutreten. Das würde auch effizienter und kostengünstiger sein.
Diesmal könnte es klappen
Ex-SPÖ-Justizministerin Maria
Berger hat in der vorigen Legislaturperiode einen Entwurf für die
Gruppenklage vorgelegt; wegen Einwänden der Wirtschaft wurde er bisher aber
nicht beschlossen. Jetzt ist die neue ÖVP-Ministerin Claudia Bandion-Ortner
gefordert, die Vorschläge umzusetzen. Benn-Ibler ortet diesbezüglich "gute
Signale".
Ideen der EU-Kommission
Auch die Europäische Kommission machte in
der Vergangenheit bereits Vorschläge betreffend Sammelklagen. Bei einzelnen
Elementen ist aber Vorsicht geboten. Die Anwälte wollen, dass der einzelne
Geschädigte selbst entscheiden soll (Opt-In, Anm.), ob er von einem
gemeinsamen Verfahren erfasst wird oder nicht.
Kostenersatzprinzip wichtig
Auch das Kostenersatzprinzip, wonach
der Verlierer für sämtliche Kosten aufkommt, sei ein wichtiges Regulativ, um
Missbrauch zu verhindern, so die Juristen. Dadurch würde verhindert, dass
eine Klage durchgeführt wird, nur um Druck zu erzeugen. Denn: Auch
Unternehmen haben einen Anspruch auf Rechtsschutz und Schutz vor einer
möglichen Diffamierung."
Dass die Gruppenklage - laut Bergers Entwurf - erst bei einer Zahl von 100 Geschädigten möglich wäre, sieht die Rechtsanwaltskammer nicht problematisch. Eine Klage "nach Art der Gruppenklage" sei auch für weniger als 100 Personen möglich.
Die Tagung der Rechtsanwälte, die sich mit europarechtlichen Überlegungen auseinandersetzt, findet einmal jährlich in Wien statt. Es sind rund 200 Teilnehmer aus 35 Staaten vertreten.