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Köstinger: Rasche Freigabe von Brachflächen für Produktion

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Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine die sofortige Freigabe von stillgelegten Flächen in der Europäischen Union für die Lebensmittelproduktion gefordert.

Damit sollen unter anderem die Ernteeinbußen aus der Ukraine kompensiert werden, so Köstinger am Montag vor einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel. Die Ukraine gilt als "Kornkammer Europas" und ist einer der größten Weizenexporteure der Welt.

Die EU-Kommission habe dazu schon einen Vorschlag vorgelegt, erklärte Köstinger weiter. Aktuell muss im Rahmen der EU-Agrarpolitik ein bestimmter Anteil an Fläche stillgelegt werden, dieser soll nun laut Ministerin für den Anbau freigegeben werden. Es würde vier Millionen Hektar in der EU betreffen, in Österreich würden rund 9.000 Hektar an zusätzlicher Anbaufläche bereitstehen, so die Landwirtschaftsministerin.

Damit soll aber nicht nur die Versorgungssicherheit in Europa gesichert werden. "Das World Food Programm nutzt vor allem in der Westukraine massiv an Agrarflächen, um dort Lebensmittelproduktion für Nordafrika zu betreiben", sagte Köstinger. Man müsse also davon ausgehen, dass auch für die Lebensmittelhilfe Getreide fehle.

Um die Versorgungssicherheit weiter zu steigern, legte Österreich eine Initiative für eine europäische Eiweißstrategie vor. "Wir sind sehr abhängig von Eiweißimporten weltweit", so die Landwirtschaftsministerin. Dabei spiele auch die Ukraine eine "zentrale Rolle, Soja- und Rapsimporte werden in nächster Zeit fehlen", europäische Landwirte müssten stärker Eiweiß anbauen. Der österreichische Vorschlag stoße auf "offene Ohren", mittlerweile unterstützen 20 Mitgliedstaaten diese Initiative, betonte Köstinger.

Zudem seien Betriebsmittel einer "enormen Teuerung" ausgesetzt, auch Düngemittel werden fehlen, sagte Köstinger weiter. Russland ist der wichtigste Brennstofflieferant der EU und stellt etwa 30 Prozent der Düngemittelimporte in die EU. Strategien zur Kompensation seien Gegenstand der Beratungen der EU-Staaten, die EU-Kommission müsse Alternativen vorlegen, so die Landwirtschaftsministerin. "Europa wäre gut beraten, auch im Bereich der Betriebsmittel wieder selber zu produzieren", forderte Köstinger.

Kritik kam seitens des grünen EU-Abgeordneten Thomas Waitz und der Umweltschutzorganisation Global 2000. "Wir brauchen nicht mehr Anbaugebiete, giftige Pestizide in unseren Lebensmittel oder Kunstdünger in unseren Böden, sondern müssen unsere Flächen anders nutzen: Getreide auf den Teller, statt in den Tank und die Fleischproduktion", teilte Waitz in einer Aussendung mit. "Wir brauchen eine Agrarwende für eine langfristige Versorgungssicherheit und die geht nur mit einer kleinteiligen Landwirtschaft und regionaler Lebensmittelproduktion im Einklang mit der Natur."

Die ungenützten Flächen seien Rückzugsorte für Bienen, Insekten und Vögel und würden damit einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Artensterbens beitragen, schrieb Global 2000 in einer Aussendung. Diese Flächen nun zur Nutzung freizugeben, würde sich langfristig negativ auf Ernährungssicherheit, Biodiversität und das Klima auswirken. Das sei, "als zünde man sein Haus an, weil einem kalt ist", sagte Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000. Eine sinnvollere Sofortmaßnahme sei es, die Futtermittel- und Agrartreibstoffproduktion zurückzufahren.

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