Lockerung "kommt nicht in Frage". Wifo-Chef Felbermayr: Großzügigere Handhabe kann gegen Arbeitskräftemangel helfen.
Nach der Frage über Österreichs Neutralität will Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine weitere Debatte beendet sehen: Jene zu den vom wiederkandidierenden Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen ins Spiel gebrachten Einbürgerungs-Erleichterungen. Ein Aufweichen der Staatsbürgerschaft werde es mit der ÖVP nicht geben, "das kommt nicht in Frage", sagte er der "Konen Zeitung" (Sonntag). Die mitregierenden Grünen hätten sich dazu bekannt, dass es keine Änderungen geben werde.
Nehammer sieht laut der "Krone" "keinen Grund, warum an der bisherigen Praxis etwas geändert werden solle"; die Grünen haben demnach laut dem Kanzler bereits bei den Regierungsverhandlungen das Bekenntnis abgelegt, dass es in der Frage des Staatsbürgerschaftsrechts keine Änderungen geben werde. Der ÖVP-Chef verstehe nicht, warum dieses Thema nun im Präsidentschaftswahlkampf aufkomme, schreibt das Blatt.
Der Bundespräsident hatte sich rund um die Ankündigung seiner Wiederkandidatur im Herbst in Interviews mit "Kleiner Zeitung" und "Presse" vor ein paar Tagen dafür ausgesprochen, Einbürgerungen zu erleichtern: Die Hürden für die Erlangung der Staatsbürgerschaft seien "zu hoch". Diskutieren könne man etwa auch, was der tiefere Sinn dahinter sei, dass zum Beispiel eine Deutsche, die seit 20 Jahren in Österreich lebe, keine Doppelstaatsbürgerschaft bekomme.
Die "Krone" zitierte Nehammer am Sonntag mit den Worten: "Tun wir nicht so, als müsste jeder 20 Jahre auf die Einbürgerung warten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist für einen großen Teil der Menschen die Einbürgerung nach 6 bis 10 Jahren möglich."
Zuvor hatte bereits Innenminister Gerhard Karner vonseiten der ÖVP zum Vorstoß des aus den Reihen der Grünen stammenden Van der Bellen gemeint, er sehe "keinen Änderungsbedarf". Justizministerin Alma Zadic (Grüne) erklärte, im Regierungsprogramm sei Derartiges nicht vorgesehen. Mit Ablehnung reagierte auch die FPÖ.
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ist für weniger rigide Regelungen beim Erwerb der Austro-Staatsbürgerschaft. Er sieht zwar mehr ein demokratie- als arbeitsmarktpolitisches Thema, wie er in der ORF-"Pressestunde" sagte, "aber insgesamt stellt sich schon die Frage, wie sieht es denn mit der Willkommenskultur in diesem Land aus. Wir werden uns in den nächsten Jahren um Talente bemühen müssen. Da wird ein Wettbewerb ausbrechen." Österreich, wo ein Fachkräftemangel herrscht, werde "den Standort attraktiv machen müssen", da der Wettbewerb von den Führungskräften runter in den breiten Arbeitsmarkt vordringen werde. "Das heißt schon, dass eine großzügigere Handhabe bei der Staatsbürgerschaft helfen kann", sagte der Ökonom.
Von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) kam am Sonntag Unterstützung für den Vorschlag Van der Bellens: "Die grüne Position ist ganz klar, wir sehen es wie der Bundespräsident", meinte sie im "ZiB2"-Interview. Die Grünen könnten sich "sehr wohl" Erleichterungen vorstellen, es gebe aber keine parlamentarische Mehrheit dafür. Diese Legislaturperiode werde man das nicht zusammenbringen, so Zadic.