Der Vorstoß von Noch-Kanzler Alfred Gusenbauer für eine Richtlinienkompetenz stößt nur in der eigenen Partei SPÖ auf Interesse.
Eine Richtlinienkompetenz für den Bundeskanzler, sprich ein Durchgriffsrecht gegenüber den Ministern, das hat sich Noch-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer am Samstag gewünscht. Bei allen anderen Parteien stößt er mit seinem Ansinnen aber laut Ö1 auf wenig Gegenliebe.
ÖVP: Gefährdet Koalition
Noch-Koalitionspartner ÖVP
lehnt die Richtlinienkompetenz für den Regierungschef komplett ab. Nur weil
Gusenbauer jetzt abtritt, sollte man nicht gleich das System ändern, findet
der Zweite Nationalratspräsident Michael Spindelegger. Mit einer
Richtlinienkompetenz sei eine Koalition ständig gefährdet.
Grüne: Bringt Regierungschaos
Ähnlich sieht das auch
Grünen-Chef Alexander van der Bellen. Man stelle sich vor, der
Wissenschaftsminister werde mit der Schrumpfung der Universitäten
beauftragt, will das selbst aber gar nicht. Rücktritte am laufenden Band
wären die Folge. Das Beispiel Deutschland zeige, dass eine Regierung mit
Richtlinienkompetenz der Kanzlerin auch nicht besser funktioniere, so Van
der Bellen.
FPÖ: Regierungspakt wichtig
Es könne nicht sein, dass der
Kanzler wie der französische Präsident alles bestimme, meint der
Freiheitliche Verfassungssprecher Robert Aspöck. Damit die Regierung
funktioniert, brauche es ein gutes Regierungsprogramm und keine
Richtlinienkompetenz. Angelpunkt sei die Qualität des
Regierungsübereinkommens, das einzuhalten sei.
BZÖ: Richtlinie undemokratisch
Orangen-Chef Peter
Westenthaler beurteilt den Vorstoß als gänzlich absurd und undemokratisch.
In der Demokratie sollte Vielfalt herrschen, so Westenthaler, es könne nicht
so sein, dass der Regierungschef über andere Parteien drüberfährt. Das würde
die Vielfalt hemmen."
SPÖ: Für Debatte
Unterstützung für seinen Vorschlag
erhält Gusenbauer nur aus seiner eigenen Partei. Eine Richtlinienkompetenz
wäre vernünftig, meint SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann, als
Letztentscheidung in Streitfällen. Wie genau diese Kompetenz aber aussehen
soll, kann Wittmann nicht sagen, das sei auszudiskutieren.