Begutachtungsverfahren

Scharfe Kritik an Asyl-Novelle

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Erschwerter Familiennachzug wird kritisch gesehen.

Die jüngste Asyl-Novelle, die wieder einmal zahlreiche Verschärfungen vorsieht, ist im Begutachtungsverfahren auf scharfe Kritik gestoßen. Unter anderem wird in diversen Stellungnahmen bemängelt, dass der Familiennachzug weiter erschwert wird. Zudem wird in Zweifel gezogen, ob die höheren Strafen bei Verstößen tatsächlich notwendig sind.

Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) befürchtet, dass durch die vorgesehenen Änderungen höhere Kosten die Familienzusammenführungen unmöglich machen oder weiter in die Länge ziehen. Dabei geht es um eine neue Bestimmung, wonach Familien von den Behörden angeordnete DNA-Tests ausnahmslos selbst bezahlen müssen. Pro Person sind das Kosten von rund 250 Euro. Die Diakonie urteilt, dass so das Grundrecht des Zusammenlebens der Familie an finanziellen Hürden scheitern könne.

Die österreichischen Rechtsanwälte weisen in ihrer Stellungnahme auf eine weitere Problematik hin, nämlich dass die Familienzusammengehörigkeit im Rahmen eines Botschaftsverfahrens geklärt werden soll. Hier sei eine Ungleichbehandlung zu befürchten, da an den Vertretungsbehörden "völlig unterschiedliche Standards angewandt werden".

Verlust der Grundversorgung

Ein weiterer Kritikpunkt des UNHCR bezieht sich auf den Verlust der Grundversorgung für bestimmte Asylsuchende, selbst wenn diese noch in einem laufenden Asylverfahren sind. So könnte nach einem beschleunigten erstinstanzlichen Asylverfahren die Grundversorgung enden, obwohl das Gericht den Fall noch prüft. Asylsuchende könnten so von einem Tag auf den anderen völlig mittellos auf der Straße stehen. Auch die Rechtsanwälte weisen darauf hin, dass dieser Zustand gesellschaftspolitisch wohl kaum wünschenswert sei.

Der Diakonie missfällt die Abschaffung einer Regelung, wonach Anträge auf Visa aus humanitären Gründen auch in der Herkunftsregion gestellt werden konnten. Künftig soll dies nur mehr im Inland möglich sein.

Fragwürdig ist für das evangelische Hilfswerk ferner, dass die Verwaltungsstrafen von maximal 5.000 auf höchstens 15.000 Euro erhöht werden, wenn jemand das Land widerrechtlich nicht verlässt bzw. illegal wieder einreist: „Mittellose Personen konnten das schon bisher nicht bezahlen. Diese Maßnahme ist reine Kosmetik in einem heiß diskutierten Politikfeld“. Kritisch gesehen wird in der Begutachtung auch, dass die Strafen bei Falschangaben im Verfahren weiter nach oben gesetzt werden sollen.

Kritik an beschleunigtem Aberkennungsverfahren

Für wenig Begeisterung sorgt auch das beschleunigte Aberkennungsverfahren für straffällig gewordene Flüchtlinge. Dies ist bei Anklage-Erhebung wegen eines Verbrechens bzw. dann der Fall, wenn die betreffende Person auf frischer Tat ertappt wurde. Der Rechnungshof verweist in seiner Begutachtungsstellungnahme auf die Mehrkosten, die entstehen, wenn das Verfahren eingestellt wird oder zu keiner Verurteilung führt: "Insbesondere fehlen Angaben darüber, wie viele Strafverfahren gegen Asylberechtigte nach den Erfahrungswerten mit einer Verurteilung enden bzw. in wie vielen Fällen mit einer Einstellung des Asylaberkennungsverfahrens mangels rechtskräftiger Verurteilung des Asylberechtigten zu rechnen ist."

Das Fremdenrechtspaket erhält über diese Punkte hinaus noch zahlreiche Neuregelungen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Für Kritik in der Begutachtung sorgt etwa, dass künftig auch für Künstler das Regulativ "Deutsch vor Zuzug" gelten soll. Ebenfalls kritisch gesehen wird, dass den Organen der Betreuungseinrichtungen des Bundes ermöglicht wird, ein unbefugtes Betreten solcher Unterbringungsgebäude von vornherein zu verhindern und nicht das Eintreffen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes abwarten zu müssen.

Dabei ist jener Punkt, der wohl die schärfste Kritik nach sich ziehen würde, in der Novelle zumindest noch nicht enthalten. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) tritt unverändert dafür ein, eine Obergrenze für maximal zulässige Asylanträge im Gesetz festzuschreiben. Dies ist bisher am Widerstand der SPÖ gescheitert. Eine Verständigung hierfür scheint mittlerweile umso schwieriger geworden zu sein, als die ÖVP die ursprünglich geplanten 35.000 Anträge für das Jahr 2017 noch einmal halbieren will. Die SPÖ hatte schon den alten Wert aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Auch Amnesty und Rotes Kreuz besorgt

Auch Amnesty International und Rotes Kreuz haben im Begutachtungserfahren zur jüngsten Asyl-Novelle etliche Kritikpunkte gefunden. Ebenso kritisch äußert sich die Wiener Stadtregierung, die unter anderem jenen Passus ablehnt, wonach gleichzeitig mit der Anklage auch ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet wird. Aus "rechtsstaatlichen Gründen" könne man hier nicht zustimmen.

Besonders kritisch wird die Erhöhung der Strafen für Flüchtlinge angesehen, die das Land trotz rechtskräftigen Bescheids nicht verlassen bzw. Falschangaben im Verfahren machen. Das Rote Kreuz sieht die angehobenen Pönalen von bis zu 15.000 Euro als "vollkommen willkürlich und unverhältnismäßig hoch".

Amnesty meint bei diesem und anderen Punkten, dass die Regelungen den Eindruck erweckten, von "beträchtlichem populistischen Charakter" zu sein. Negativ gesehen wird, dass die Flüchtlinge nicht mehr unmittelbar vom Termin einer Außerlandesbringung informiert werden müssen. Für das Rote Kreuz wird hier in das Menschenrecht auf ein faires Verfahren eingegriffen.

Für Amnesty gibt es in der Vorlage etliche Vorschläge, die nicht rechtskonform sind oder den besonderen Bedürfnissen von Asylsuchenden widersprechen. Dabei wird etwa auf den Fall des Kostensatzes für eine DNA-Analyse zur Klärung eines Verwandtschaftsverhältnisses hingewiesen. Aber auch die Ermächtigung zur Ausübung "von Befehls- und Zwangsgewalt" für Mitarbeiter der Betreuungsstellen fällt für die Menschenrechtsorganisation unter diesen Punkt.

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