Tschechischer Ex-Außenminister teilt aus

Schwarzenberg: "Kurz war von Anfang an ein Schwindler"

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Der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg teilt gegen Ex-Kanzler Kurz, die ÖVP und die aktuelle Regierung Österreichs scharf.

Wiens Blockadehaltung gegenüber einem Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien sieht Schwarzenberg als "blanke Innenpolitik. Ich schätze Österreichs Rolle am Balkan. Aber dieses Veto ist ein dummer Streich. Hoffnungslos egozentrisch", sagte er aus Anlass seines 85. Geburtstag im Interview mit der "Kleinen Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe).

"Österreich missachtet seine geschichtliche Aufgabe, sich dieser Länder anzunehmen", ergänzte er.

"Zahlen hohen Preis für Sebastian"

Kritik übte Schwarzberg aber auch an der ÖVP und dem früheren Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Wir zahlen den hohen Preis für Sebastian", sagte er, der sich selbst einen "alten Schwarzen" nennt. "Die ganze Partei ist ihm anheimgefallen. Ein Schwindler. Das war er von Anfang an. Was er gesagt und was er getan hat, war ein einziger Widerspruch. Denken Sie nur an die Migrationspolitik!"

Bei ÖVP "vom Christlichsozialen nichts übrig"

Schwarzenberg riet der ÖVP, sich "auf ihre Wurzeln" zu besinnen. "Vom Christlichsozialen ist nichts übrig geblieben." Das Betonen der christlichen Identität des Landes gegenüber dem politischen Islam sei "genau das falsche Betonen. Ich habe keine Angst vor vollen Moscheen im Land, wohl aber fürchte ich mich vor den leeren Kirchen." Jede demokratische Partei brauche nach einiger Zeit an der Macht den Wechsel in die Opposition, damit sie wieder zu sich komme. "Alle begabteren Parteifunktionäre enden in Staatsfunktionen. Der Partei bleibt der Rest. Das ist der Untergang, egal, ob das bei den Sozis war oder bei der ÖVP."

Rollstuhl macht Schwarzenberg zu schaffen

Auf die Frage, wie es ihm selbst gehe, antwortete Schwarzenberg: "Man lebt". Es sei "mühsam, wenn man nicht mehr selber gehen kann. Das Spaziergehen im Wald, meine ganze Freude, ist nicht mehr. Die Füße wollen nicht. Im Rollstuhl geht es, solange mich jemand schiebt. Ich staune jeden Tag, wenn ich noch aufwache. Bist du noch immer da? Gehst du den Leuten noch immer auf die Nerven? Ich freue mich, wenn ich meine Enkelkinder sehe. Sonst habe ich keine Erwartungen mehr." Auch die Jagd fehle ihm sehr.

Dass er keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, will er im Alter auch nicht mehr ändern. "Ich habe die Staatsbürgerschaft, mit der ich geboren bin, und das reicht mir", sagte er. Gleichzeitig erlaube er sich, "Patriot zweier Länder zu sein. Ich habe in Österreich 41 Jahre verbracht, und wenn es so weiter geht mit mir, werde ich die 41 Jahre auch noch in Böhmen schaffen. Dort bin ich geboren, dort habe meine Kindheit verbracht. In Österreich habe ich die Frau, die Kinder und Enkelkinder. Es ist das Land meiner ersten Lieben."

Schwarzenberg: Geschichtsträchtige Adelsfamilie

Karl Johannes Nepomuk, 12. Fürst zu Schwarzenberg, wurde am 10. Dezember 1937 in Prag geboren und ist Erbe eines der berühmtesten Adelshäuser der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Familie Schwarzenberg wurde durch die Kommunisten vertrieben: Nach dem KP-Putsch 1948 in der damaligen Tschechoslowakei floh sie nach Österreich. Schwarzenberg setzte sich ab 1985 als Präsident der Helsinki-Föderation für Menschenrechte ein. Nach der Samtenen Revolution in Prag kehrte er im November 1989 nach Tschechien zurück und wurde Kabinettschef von "Dichter"-Präsident Vaclav Havel. Seither lebt er in Tschechien und Österreich. Mit über 70 wurde er zweimal Außenminister von Tschechien und kandidierte 2013 erfolglos für das Präsidentenamt.

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