Reagiert ÖVP mit Gesetz gegen Akten-Leaks?

Showdown: Blümel sagt am Freitag vor WKStA aus

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Bei der WKStA steht am Freitag die Aussage von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an.

Mittwochfrüh wurde Medienberichten zufolge bekannt, dass die ÖVP es (nach deutschem Vorbild) künftig untersagen will, dass Medien aus von Anwälten weitergegebenen Ermittlungsakten zitieren dürfen. Außerdem wolle sie den Ermittlern die "überschießende Auswertung" von Kommunikation untersagen, so der Bericht. In Deutschland dürfen Dokumente eines Strafverfahrens erst im Wortlaut veröffentlicht werden, wenn sie in öffentlicher Verhandlung erörtert wurden.
 

Gesetz als Reaktion auf Blümel-Affäre

Pikant ist die Sache, da die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei den Ermittlungen rund um die Ibiza- und Glücksspielaffäre auch frühere und aktive ÖVP-Politiker ins Visier genommen hat und sich die Ermittlungen unter anderem auf die Auswertung von Handynachrichten stützen. Teilweise wurden diese auch in Medien veröffentlicht, etwa beim ÖVP-nahen Chef der Staatsholding ÖBAG Thomas Schmid und bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
 
Und zuletzt wurde auch ein SMS von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aus dem Jahr 2017 publik, in dem er diesen um einen Termin beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz bat, um über eine Spende und "eines Problems, das wir in Italien haben". Die SMS soll Auslöser für die Ermittlungen der WKStA gegen Blümel inklusive der Hausdurchsuchung am 11. Februar beim Finanzminister gewesen sein.
 

Grüne stellen sich quer

Vom grünen Koalitionspartner kam ein deutliches Nein zu den kolportierten Wünschen der ÖVP: "Einschränkungen der Pressefreiheit waren und sind nicht Gegenstand der Verhandlungen", sagte die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. "Bereits jetzt gibt es ein Verbot der Veröffentlichung besonders grundrechtssensibler Überwachungsergebnisse", erklärte sie. Die gesetzliche Regelung "ist aus Sicht der Grünen ausreichend".
 

Details unklar

Etwas zurückhaltendes äußerte sich zuvor Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler, der nach dem Ministerrat gemeinsam mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) den Grundsatz-Beschluss für die Einführung einer unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwaltschaft präsentierte. Dieser bereits zuvor verkündete Plan steht vorerst aber nur in den Grundzügen, es fehlen sämtliche Details - diese sollen unter Einbeziehung der "relevanten Stakeholder" erst ausgearbeitet werden. Zu klären ist etwa der Ernennungsmodus, die Dauer der Bestellung und die Frage der Organisationsstruktur sowie die der Kontrolle. Auch gibt es noch keinen Zeitplan.
 

Pressefreiheits-Debatte

"Ermittlungsverfahren sollen unabhängig und ohne öffentlichen oder politischen Druck geführt werden können. Dabei gilt es ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu berücksichtigen, die Pressefreiheit zu schützen und gleichzeitig mediale Vorverurteilung zu vermeiden", so der Text des entsprechenden Ministerratvortrages.
 
Bei der Vermeidung von Vorverurteilung dürfte seitens der ÖVP der zitierte Plan gemeint sein, die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren zu erschweren. Edtstadler sagte dazu im Pressefoyer, es müsse (im Sinn eines fairen Verfahrens) das Ziel der unabhängigen Justiz sein, dass bei einem nicht öffentlichen Ermittlungsverfahren alles getan wird, Leaks in den Medien zu vermeiden. Vizekanzler Kogler dagegen äußerte sich zurückhaltend: Es gehe um die Abwägung der Beschuldigtenrechte und der Aufrechterhaltung der Pressefreiheit, sagte er.
 

Kritik der Opposition

Scharfe Kritik kam von SPÖ, FPÖ und den NEOS: Das sei keine Justizreform, sondern ein "Blümel-Schutzprogramm", so SP-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Er hält das ÖVP-Vorgehen für "brandgefährlich und demokratiegefährdend" sowie für einen Angriff auf die Pressefreiheit. Ähnlich sah das die GPA-Journalistengewerkschaft, die von einem "inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit und damit unsere Demokratie" sprach.
 
"Die ÖVP strebt nicht nur den Zugriff auf die Justiz an, sondern auch die Kontrolle über die Berichterstattung zu Verfahren", kritisierte der freiheitliche Abgeordnete Christian Hafenecker. Auch die NEOS lehnten einen "Medien-Maulkorb" ab.
 

Blümel bei Staatsanwaltschaft geladen

Finanzminister Blümel will die Vorwürfe gegen ihn jedenfalls rasch vom Tisch haben. Am Freitag ist er zu einer Einvernahme bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geladen, wie er gegenüber der APA bestätigte. "Ich bin froh, dass ich bereits am Freitag die Gelegenheit habe, die falschen Vorwürfe auszuräumen", sagte er. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Bestechlichkeit, sie vermutet illegale Parteienfinanzierung durch den Glücksspielkonzern Novomatic. Blümel, ÖVP und auch Ex-Novomatic-Chef Neumann weisen die Vorwürfe zurück.
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