Vor Putin

So berichtet die Welt über Kneissls Kniefall

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So kommentiert die internationale Presse die Hochzeit unserer Außenministerin.

Die Hochzeits-Einladung von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) an den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist am Montag noch Gegenstand von kritischen Kommentaren in der internationalen Presse.
 
 
Die Brüsseler Tageszeitung "Le Soir" kommentiert: "Man tanzt nicht ungestraft mit Wladimir Putin ... Man kann darauf wetten, dass dieses Bild noch lange Österreich und seine Außenministerin Karin Kneissl verfolgen wird. Die Anwesenheit des Kreml-Chefs unter den Privatgästen von Frau Kneissl - aber wie kann man Wladimir Putin als einen privat Eingeladenen betrachten, wo doch öffentlich bekannt ist, dass er und die Österreicherin in keinem engen Verhältnis zueinanderstehen - verschlägt der Welt der europäischen Diplomatie die Sprache. (...)
 
Es ist jedoch nicht Wladimir Putin, den Schande trifft, sondern es ist Österreich. Dieses Land - offiziell neutral - hat aktuell die rotierende Präsidentschaft der EU inne. Es wird geführt von einer Koalition, wo die rechtsextreme Partei FPÖ, verbündet mit der Partei von Wladimir Putin, Schlüsselposten hält, darunter die Außenbeziehungen, die Karin Kneissl überragen wurden. Dass es Frau Kneissl für angemessen hält, mit dem offensichtlichen Segen von Kanzler Kurz, selbst und im übertragenen Sinn mit dem russischen Präsidenten zu tanzen, der eine offen feindliche Politik gegen die EU führt, wirft die Frage nach der Legitimität der Chefin der österreichischen Diplomatie auf."
 
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt: "Auf dem weißen VW-Käfer, den das Hochzeitspaar geschenkt bekam, unterschrieb neben den anderen Gästen auch Wladimir Wladimirowitsch. Er soll sogar ein rotes Herz um die Vornamen der Brautleute 'Karin und Wolfgang' gemalt haben. Die Diplomatin und frühere Publizistin Kneissl ist zwar parteilos, wurde aber von der rechten FPÖ als Außenministerin gewonnen. Die Nahost-Kennerin hatte vor ihrer Ernennung die deutsche Flüchtlingspolitik kritisiert. Als Außenministerin kümmert sie sich um ein engeres Verhältnis Österreichs zu Russland. Als Putin im Juni zu Besuch in Wien war, überreichte sie ihm die Einladung.
 
Für Putin gab es ebenfalls politische Gründe, die Hochzeit zu besuchen. Schließlich kann er demonstrieren, dass er von der EU, deren Ratspräsidentschaft Österreich Anfang Juli übernommen hat, trotz Krim, Ostukraine und vielem mehr nicht geschnitten, sondern von einer Repräsentantin hofiert wird. Hochzeitsgast Sebastian Kurz, der Bundeskanzler, begleitete Putin dann zurück zum Flugzeug, mit dem er nach Berlin flog."
 

Weitere Kommentare in den internationalen Zeitungen

 
"Neuen Zürcher Zeitung":
 
"Kneissls Selbstbewusstsein ist zweifellos ausgeprägt und womöglich schmerzt sie, dass Kanzler Sebastian Kurz die EU-Agenden und damit die für Österreich relevantesten außenpolitischen Themen mit ins Kanzleramt nahm. In der Position gegenüber Russland kann sie dagegen Akzente setzen - was sie nun in fragwürdiger Art und Weise tat. Geltungssucht werfen ihr einige vor, naive Unbedarftheit andere. Die Opposition sieht zudem eine unzulässige Vermischung von Politik und Privatem. Kneissls Vermählung mit einem steirischen Unternehmer, die eigentlich ganz privat hätte verlaufen sollen, wird wegen des Tanzes mit Putin Österreichs Außenpolitik noch länger beschäftigen."
 
"Münchner Merkur":
 
Diplomatie ist das Gegenteil von Unbedarftheit. Und unbedarft ist noch ein mildes Wort für Österreichs FPÖ-Außenministerin Kneissl. Aus ihrer Hochzeit, einem privaten, für sie sehr erfreulichen Vorgang, macht sie im Übermut die große Bühne für Russlands Imperator, hofiert den Gast, lobhudelt und knickst. Die schräge Putin-Show mit Kosakenchor in der Steiermark ist keine warmherzige Nähe-Geste, sondern untergräbt zwei Autoritäten: erstens Österreichs Rolle als neutraler Vermittler im Ukraine-Konflikt, zweitens die Sanktionspolitik Europas, die nur mit einem einigen Westen wirksam ist. Nicht der Dialog mit Putin ist falsch, sondern die Unterwürfigkeit, die missratene Inszenierung.
 
 "24 Tschassa" (Sofia):
 
"Wer sich über die Fotos vom Hochzeitstanz der österreichischen Außenministerin mit Putin gefreut hat, indem er sie als eine Umarmung zwischen Europa und Russland deutete, war voreilig. Nur zwei Stunden nach dem Walzer (.) gingen die nächsten Fotos um die Welt - mit Putin und Merkel. Und sie zeigen gerade das Gegenteil der fröhlichen Bilder aus den Österreichischen Alpen - in Europa wird Putin noch immer mit Distanz, Kühle und Diskretion empfangen.
 
So attraktiv es auch ist, ist die Deutung der Weltpolitik nach Bildern nicht immer genau. Die Verbeugungen in Österreich und das Treffen in Berlin zeigen nichts Neues. Die Europäer halten am Dialog mit Russland fest, Umarmungen wird es aber nicht geben, bis Russland nicht aufhört, die Menschen- und internationalen Rechte zu verletzen. Deutschland tritt soweit nicht von seiner klaren Position dazu ab."
 
"Märkische Oderzeitung" (Frankfurt/Oder):
 
"Man darf den Charmeur Putin nicht unterschätzen. Immer wieder versucht er, sich als toller Kerl in Szene zu setzen. Auch sein Besuch bei der österreichischen Ministerin war wohlkalkuliert und dürfte ihm bei manchen im Westen einen Imagegewinn gebracht haben. Doch das anschließende Treffen mit der (deutschen) Bundeskanzlerin hat gezeigt: Die ganze Charme-Offensive nützt ihm wenig. Russlands Präsident muss sich auch inhaltlich auf den Westen zubewegen. Sonst bleibt sein Land in der politischen Isolation."

Karin Kneissl - Hochzeitsfotos

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