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Interview des Tages

SPÖ-Grande Androsch rechnet mit Parteien ab – auch Babler bekommt Fett weg

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Hannes Androsch fordert Antworten auf die Fragen der Zeit statt Selbstdarstellung und Populismus. Bei SPÖ-Chef Babler vermisst er noch ein konkretes Programm.

oe24.TV: Sie sagen, die Politik ist in einem Brutalpopulismus abgesunken, die Zukunft der Enkelkinder werde verspielt, ist zu viel Populismus da und zu wenig nachdenken?

Hannes Androsch: Man muss auch in schwierigen Zeiten gestalten. Das kann man nicht täuschend wegzuwischen oder mit Placebo-Maßnahmen zuzudecken. Mit populistischen Ablenkungsmanövern flüchtet man in Neben-Bereiche, um von den eigentlichen Themen abzulenken.

oe24.TV: In anderen EU-Ländern liegt die Inflation weit unter unserer, was machen die besser?

Androsch: Wir sind auf das Tagesgeschehen und auf Selbstdarstellung fixiert, das ist eines der großen Probleme bei uns. Es wird nicht über den Tellerrand hinausgeschaut. Man braucht ja nur in die Schweiz schauen, oder nach Tschechien. Wir haben genau das Gegenteil gemacht. Ein großer Teil der Inflation ist hausgemacht, gleichzeitig sind wir in einen wirtschaftlichen Abschwung geraten mit steigender Arbeitslosigkeit. Zusätzlich herrscht Personalnot. Unser Standort ist in einer schwierigen Situation. Anderswo siedeln sich Schlüsselindustrien an, wir verabsäumen die eigenen zu unterstützen.

oe24.TV: Ist SPÖ-Chef Andreas Babler für sie der Mann, der die Lösungsvorschläge bringen könnte?

Androsch: Ich habe bei ihm noch kein Programm erkennen können. Mit Einzel-Ankündigungen, die am nächsten Tag wieder korrigiert werden, wird man nicht weiterkommen. Das Problem der punktuellen Kurzsichtigkeit haben wir in allen Parteien.

oe24.TV: Sozialminister Rauch klagt jetzt die Banken –ist das ihrer Meinung nach der richtige Weg?

Androsch: Das hat etwas Groteskes an sich. Wenn ein Gesundheitsminister mit Ärztemangel und Problemen bei der Versorgung beschäftigt ist und dann Wirtschaftspolitik in Gerichtssäle verlagern will. Wie das möglich ist, wenn es einen Finanzminister und einen Wirtschaftsminister gibt, das wäre noch zu klären. Ich bin nicht der Verteidiger der Banken, aber wir haben nicht die Stärksten in ??sterreich. Wenn man ihnen verbietet, keine Einnahmen zu erzielen, kann man ihnen keine Zinsen vorschreiben.

oe24.TV: Trotzdem klafft eine riesige Lücke beim normalen Sparer: Überziehungszinsen liegen bei 7-12%, auf dem Girokonto gibt es 0% Zinsen….

Androsch: Girokonten sind Zahlungsverkehrs-Konten, keine Sparkonten. Sicher sollten die Banken überlegen, die Spar-Zinsen zu erhöhen, aber dann muss man ihnen auch ermöglichen Kredite zu vergeben.

oe24.TV: Sie fordern Aufbruchstimmung und Mutmacher für das Land, sehen sie solche aktuell?

Androsch: Jede Herausforderung ist eine Chance, auch jede Krise ist eine Chance, wenn man sie wahrnimmt. Niemand sagt, dass es leicht ist, aber es ist möglich und das müsste man tun. Man muss den Menschen die Antworten auf die Fragen der Zeit geben und ihnen Perspektiven schaffen. Das erfordert aber auch ein Gesamtkonzept und eine ordentliche Umsetzung. Gegenseitiges selbstdarstellerisches Bekämpfen führt weiter zum Rückschritt.

oe24.TV: Die rechten Parteien sind auf dem Vormarsch, haben sie die besseren Antworten?

Androsch: Nein, die Unfähigkeit und Versäumnisse der Mitte führen dazu. Das ist Wasser auf den Mühlen der Randgruppen. Der Großteil geht dann nach Rechts, wie man in NÖ oder Salzburg gesehen hat. Ein kleiner Teil an den linken Rand.

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