Der Gesundheitsminister sieht die umstrittenen Reform-Vorschläge des Hauptverbandsvorsitzenden Schelling als übertriebenen Profilierungsversuch.
Gesundheitsminister Alois Stöger (S) lehnt die umstrittenen Reform-Vorschläge des neuen Hauptverbandsvorsitzenden Hans-Jörg Schelling ab. Er ortete eine "übertriebene Profilierung" des neuen Kassenchefs. Explizite Ablehnung Stögers kommt zur Anregung, die Aut-idem-Regelung erneut zu diskutieren, also dem Apotheker statt dem Arzt die genaue Verschreibung des Medikaments zu überlassen, und auch bei den sonstigen Vorschlägen Schellings beruhigt der Minister die Ärzteschaft.
"Nein" zu Aut-idem
Stöger betonte, heute schon in der
Früh "aktiv" mit Ärztekammer-Präsident Walter Dorner über die
Vorschläge Schellings gesprochen zu haben. Ihm gehe es darum, nicht Öl ins
Feuer zu gießen sondern vielmehr eine konstruktive Zusammenarbeit anzugehen.
Das Regierungsprogramm mache hier klare Vorschläge.
Nein sagt Stöger dazu, dass künftig nur noch der Wirkstoff von den Ärzten angegeben und dann das billigste mögliche Produkt vom Apotheker ausgewählt wird. Er sei zwar für eine ökonomische Verschreibepraxis, habe aber die klare Meinung, dass in einer ohnehin unsicheren Zeit das Verhältnis von Arzt und Patient nicht noch weiter irritiert werden sollte. Die Menschen müssten von den Medizinern eine klare Vorgabe haben, welche Medikamente sie brauchten.
Qualitätskontrollen für Ärzte
Eher zurückhaltend
äußert sich der Minister, was die Qualitätskontrollen für Ärzte angeht, die
bisher von einer Quasi-Subfirma der Ärztekammer übernommen wird - eines der
Hauptstreitpunkte der vor dem Sommer gescheiterten Gesundheitsreform. Der
Gedanke Schellings, hier eine externe Prüfung einzuführen, wird von Stöger
nicht direkt bewertet. Es müsse überall ein Qualitätsmanagement geben und
das werde "jemand machen, der von der Sache etwas versteht". Wer
genau das sein wird, werde Gegenstand von Verhandlungen sein.
Auch die Überlegung des Hauptverband-Chefs, Kassenverträge leichter kündigen zu können, unterstützt Stöger nicht. Wenn man ein Unternehmen gestalten wolle, sei dies nicht die erste Frage. Mit Kündigungsfristen steuere man kein Unternehmen. Wichtiger sei es, entsprechende Zielvereinbarungen abzuschließen.
Ärztekammer reagiert
Irritiert ist man auch in der
Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) über den aktuellen Vorstoß des neuen
Hauptverbands-Chefs. Er ziele offenbar darauf ab, das im Sommer am
Widerstand einiger Krankenkassen und der Ärzte gescheiterte
Sozialpartner-Sparpaket wieder aufzuwärmen. "Es ist befremdlich, dass
Schelling seine Pläne über die Öffentlichkeit ausrichtet und nicht zuerst
den Kontakt zur Ärztekammer sucht", so ÖÄK-Präsident Walter Dorner.
Dorner bezweifelt, dass Schelling sich im eigenen Hause ausreichend informiert habe. Sonst müsste er wissen, dass Hauptverband und Ärztekammer knapp vor dem Jahreswechsel übereingekommen seien, die anstehenden Probleme gemeinsam zu lösen.
Ein Punkt sei zum Beispiel die Qualitätssicherung der ärztlichen Praxen. Man habe ausgemacht, so Dorner, dass in das bisher gesetzlich von Vertretern des Gesundheitsministeriums und Ärzten paritätisch besetzte inhaltliche Leitungsgremium der Qualitätssicherung auch Repräsentanten der Krankenkassen einziehen würden. Diese Zusammensetzung gebe den Kassen die Möglichkeit, eigene Vorstellungen einzubringen und solle garantieren, dass die Ärztinnen und Ärzte weiterhin nach den persönlichen Bedürfnissen der Patienten sowie nach den Regeln der modernen Medizin und nicht nach ökonomischen Zwängen behandeln müssten.
Dorner für innovativen Konsens
Dorner: "Das Wissen
Schellings ist in dieser Angelegenheit offensichtlich auf dem Stand von vor
einem Jahr. Vor diesem Hintergrund muss man zunächst auch die Aussage
Schellings relativieren, dass er bemüht sein werde, Lösungen über
vertragliche Regelungen zu finden."
Genau dies war es aber, was Hauptverband und Ärztekammer vor wenigen Wochen vorstellten: Demnach wollte man intensiv in fünf Teilbereichen zur Konsolidierung der sozialen Krankenversicherung und des Gesundheitssystems zusammenarbeiten: Kassensanierung, neue Modelle der Patientenversorgung zur Entlastung der Spitäler, flexible und bedarfsorientierte Planung von Kassenordinationen, die medizinische Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung des EDV-Einsatzes.
Dorner würde sich im Sinne eines partnerschaftlichen Vorgehens einen sensibleren Umgang mit dem Reformthema wünschen. Er hofft, dass zuletzt auch für Schelling "der für alle Seiten, vor allem aber für die Patienten wichtige, innovative Konsens stärker wiegt als die ultimative und unheilschwangere Konfliktneigung, die man aus den Worten des neuen Hauptverbands-Chefs heraushören kann".