Die Nationalratspräsidentin erteilt den Vorschlägen der Justizministerin eine Absage.
In Kürze werden die Gespräche der Regierung und der Opposition über die Reform der Untersuchungsausschüsse fortgesetzt. Einen Beschluss bis Mitte des Jahres hält Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) für realistisch. Sie sprach sich grundsätzlich für ein eigenes U-Ausschuss-Gesetz aus. Dem Wunsch von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V), der Justiz einen Vorrang vor U-Ausschüssen einzuräumen, erteilte Prammer eine Absage: "Das ist unvorstellbar."
"Es kann nicht sein, dass man ein Gerichtsverfahren abwartet, das ist unvorstellbar. Ich bin für eine strikte Trennung, aber keinesfalls für eine Priorisierung der Gerichte", so die Nationalratspräsidentin. Der U-Ausschuss könne nur die politische Verantwortung prüfen, was wiederum nicht Aufgabe des Gerichts sei. Je besser die Verfahrensregeln des U-Ausschusses sind, desto weniger käme der Verdacht einer Parallelentwicklung auf, meinte Prammer.
Umfangreiches Papier
Die Parlamentsdirektion erarbeitete ein
umfangreiches Papier über die gesetzlichen Regelungen für U-Ausschüsse in
Österreich und Deutschland. Anhand dieser Unterlage ließen sich die
Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Modelle vergleichen, so Prammer. "In
groben Zügen sind wir sehr nahe, die Tücke steckt aber oft im Detail." In
Teilen sei das österreichische Recht sogar minderheitenfreundlicher als das
deutsche, stellte sie fest.
Deutsches Recht
Ein Punkt, den sie sofort vom deutschen Recht
übernehmen würde, sei der Ermittlungsbeauftragte. Dieser oder diese
beschaffen und sichten die erforderlichen Beweismittel, heißt es im
deutschen Recht. "Das erscheint mir sehr hilfreich und lohnend. Er könnte
den Fraktionen viel Arbeit abnehmen", meinte Prammer. Ob diese Funktion
jemand von außen oder eine profunde Kraft im Haus übernimmt, müsse man sich
ansehen. Im Gegensatz zu Deutschland könnte sie sich keine
Parallel-U-Ausschüsse vorstellen, da in Österreich schlicht die notwendige
Infrastruktur fehlt: "Man würde eine massive Personalaufstockung im Haus
brauchen." Unterschiede ortet sich auch bei der Offenlegung von
Beweismittel. Eine Einschränkung sei nicht vorgesehen.
Notwendig hingegen werde ihrer Meinung nach das Organstreitverfahren: "Ohne wird's nicht gehen." Als Schlichtungsstelle könnte der Verfassungsgerichtshof fungieren, jedenfalls sollte die Einrichtung von der Politik "weit weg" sein, so Prammer.
Justiz-Affären
Während des letzten U-Ausschusses zu diversen
Justiz-Affären wurde die etwaige Befangenheit von Ausschussmitgliedern
kritisiert. "Das müssen wir diskutieren", meinte die
Nationalratspräsidentin. Keinesfalls sollen Personen, die selbst als
Auskunftsperson geladen sind, auch Ausschussmitglied sein dürfen. Den
Vorsitz im Ausschuss sollte ihrer Meinung nach jemand vom Haus innehaben:
"Ich könnte mir schwer jemanden von außen vorstellen." Klar spricht sie sich
gegen strengere Strafen für Auskunftspersonen, die nicht vor dem Ausschuss
erscheinen, aus. Bereits jetzt gebe es starke Mittel, so Prammer.
Dass die Opposition von ihren Minderheitenrechten Gebrauch macht - wie zuletzt mit der Einberufung von Sondersitzungen -, könne man ihr nicht zum Vorwurf machen: "Das ist gelebter Parlamentarismus." Im Geschäftsordnungskomitee, das Ende Jänner wieder zusammenkommt, werde sie sich jedenfalls bemühen, dass das gute Gesprächsklima beibehalten wird.