Inseratenaffäre

U-Ausschuss: Zeugen mit Erinnerungs-Lücken

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Am Nachmittag wird noch Landwirtschafts-Minister Berlakovich befragt.

Der Korruptions-Untersuchungsausschuss befragt am Dienstag erstmals aktive Regierungsmitglieder. Für den Nachmittag ist SP-Medienstaatssekretär Josef Ostermayer geladen, der zur "Inseratenaffäre" rund um den heutigen Bundeskanzler Werner Faymann (S) befragt werden soll. Später folgt VP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, der sich mit scharfer Rechnungshofkritik an seiner Öffentlichkeitsarbeit konfrontiert sieht. Am Vormittag hatte der frühere Asfinag-Sprecher Marc Zimmermann Faymanns Mitarbeiter belastet. Sein Ex-Chef Mathias Reichhold entschlug sich dagegen der Aussage.

Reichhold beim U-Ausschuss



Die Vorwürfe im Detail

Im Kern geht es bei der "Inseratenaffäre" um den Vorwurf, Faymann hätte sich als Verkehrsminister (2007/08) mit Inseratenkampagnen die Gunst des Zeitungsboulevards erkauft, die Rechnung aber von den staatlichen Infrastrukturunternehmen ÖBB und Asfinag bezahlen lassen. Ex-ÖBB-Sprecher Gary Pippan hatte bereits in der Vorwoche geschildert, dass Medienkooperationen vom Ministerbüro ohne Wissen des Konzerns vereinbart worden seien. Konkret etwa die 2007 in der "Kronen Zeitung" gelaufene Serie "Unsere Bahn", in der Faymann als Ombudsmann für die Probleme der Bahnkunden auftrat.

Der frühere Asfinag-Sprecher Zimmermann schilderte die damalige Situation am Dienstag ähnlich: Demnach kamen 2007 mehrmals Medienkooperationen "auf Wunsch des Kabinetts" zustande. Vor allem die Anzeigenverkäufer auflagenstarker Zeitungen seien nach Faymanns Amtsantritt nämlich dazu übergegangen, Angebote direkt an das Ministerbüro zu richten statt an die Asfinag. Die Vorgehensweise sei ungewöhnlich gewesen, meinte Zimmermann. Allerdings sei das Konterfei Faymanns in den Asfinag-Inseraten nicht vorgekommen und formal abgeschlossen habe die Aufträge der Asfinag-Vorstand. Letzteres wertete SP-Fraktionschef Otto Pendl als Indiz dafür, "dass hier alles korrekt abgelaufen ist".

Reichhold entschlug sich der Ausage

Nichts zur Aufklärung beitragen konnte im Anschluss der frühere FP-Infrastrukturminister und Asfinag-Vorstand Mathias Reichhold. Der nunmehrige Landwirt hatte sich vorige Woche wegen eines "Ernteeinsatzes" entschuldigen lassen und war daraufhin unter Androhung der polizeilichen Vorführung erneut vorgeladen worden. Dem leistete Reichhold nun zwar Folge, aussagen wollte er jedoch nicht: Weil in der Inseratenaffäre auch gegen die beteiligten Ex-Vorstände strafrechtlich ermittelt wird, entschlug sich Reichhold in praktisch allen Fragen der Aussage.

Nicht mehr genau erinnern konnte oder wollte sich danach Faymanns früherer Pressesprecher Marcin Kotlowski an das Zustandekommen einzelner Inseratenaufträge. Er und sein Vorgänger Thomas Landgraf waren von Zimmermann als Hauptansprechpartner für Medienkooperationen im Ministerium genannt worden. Auch in den ÖBB galt Kotlowski als Ansprechpartner für derartige Kooperationen. Im Ausschuss versicherte Kotlowski allerdings, selbst "zu keinem Zeitpunkt Kooperationen" abgeschlossen zu haben. Er habe lediglich die Dutzenden Anfragen, mit denen das Ministerium täglich konfrontiert gewesen sei, zusammengefasst und den Unternehmen weitergegeben.

Unmittelbar im Anschluss an Kotlowskis Befragung geladen war der heutige Medienstaatssekretär Josef Ostermayer, Faymanns langjähriger Büroleiter. Faymann selbst muss nicht aussagen, weil SPÖ und ÖVP seine von der Opposition geforderte Ladung bisher abgelehnt haben. Für den späteren Nachmittag waren außerdem Stephan Mikinovic, Geschäftsführer AMA-Marketing, und Berlakovich geladen. Auch hier geht es u.a. um den Vorwurf, der Landwirtschaftsminister habe seine Öffentlichkeitsarbeit teilweise von ausgelagerten Einheiten wie Agarmarkt Austria (AMA) und Klimafonds finanzieren lassen. Außerdem kritisiert der Rechnungshof in einem aktuellen Rohbericht die hohen Werbekosten von 29,73 Millionen Euro seit 2006.
 
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