Sie ist vor allem für ihren langjähriger Einsatz für Homosexuellen- und Frauenrechte bekannt.
Es ist keine leichte Zeit für Ulrike Lunacek: Just am Tag ihrer Kür zur Spitzenkandidatin kam es zur Scheidung von Grünen und Peter Pilz, der Absturz in den Umfragen begann. Vom stärker werden am 15. Oktober ist längst keine Rede mehr, Schadenbegrenzung ist angesagt. Die 60-Jährige zeigt sich dennoch kämpferisch - eine Eigenschaft, die sie ihre ganze politische Laufbahn lang ausgezeichnet hat.
Von Anfang an sprachen viele von einem Himmelfahrtskommando, als Lunacek gemeinsam mit Ingrid Felipe einsprang, um die Partei nach dem abrupten Abschied Eva Glawischnigs im Frühjahr 2017 zu übernehmen. Die langjährige, bei der Wahl 2014 höchst erfolgreiche Europamandatarin - zuletzt war sie Vizepräsidentin des EU-Parlaments - ließ sich davon nicht beirren. "Es wird uns gelingen zuzulegen, stärker zu werden und ein Wörtchen mitzureden bei den Regierungsverhandlungen", peilte sie beim Bundeskongress Ende Juni im Linz einen Zuwachs gegenüber dem Rekordwert von 12,4 Prozent bei der Nationalratswahl 2013 an.
Inzwischen reden die Grünen gerade noch von der Zweistelligkeit, und auch dies halten Meinungsforscher, die teils schon die Liste Pilz und die NEOS weiter vorne sehen, für höchst unwahrscheinlich. Lunacek brennt dennoch weiter für ihre Partei: weil es die Grünen in der Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtspolitik brauche, weil sie sich dem Nationalismus und dem Rechtsruck im Land entgegenstellen will. Angesichts des Dreikampfs von ÖVP, SPÖ und FPÖ und der Konkurrenz durch die Liste Pilz bleibt abzuwarten, ob sie sich damit Gehör verschaffen kann.
Gekämpft hat Lunacek für so ziemlich alles, was sie bisher erreicht hat. Ihr Selbstbewusstsein schöpfte die offen lesbische Politikerin unter anderem aus ihrem Einsatz für die Rechte Homosexueller. Die Tochter des Generaldirektors der Raiffeisenwarenzentrale wuchs schnell zu einer weltoffenen Frau heran. Als Dolmetschstudentin für Englisch und Spanisch in Innsbruck unternahm sie unter anderem mehrere Südamerika-Reisen.
Schon früh war Lunacek für die Rechte von Frauen aktiv. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, war Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin: der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum und das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat.
In denkbar schlechten Zeiten stieß Lunacek zu den Grünen. Sie kandidierte 1995 erstmals für den Nationalrat und erlebte eine vernichtende Niederlage der Partei. Ein Mandat blieb ihr vorerst verwehrt. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Grünen Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat.
Im Hohen Haus angelangt, konnte Lunacek unbeirrt für die rechtliche Gleichstellung und soziale Akzeptanz homosexueller Menschen auftreten. Das tat sie stets mit Selbstbewusstsein, einengen ließ sie sich auf eine derartige Rolle allerdings nicht. Als außenpolitische Sprecherin holte sie sich auch - neben ihrer regen Reisetätigkeit und Sprachgewandtheit - das notwendige Rüstzeug für das Europaparlament, aus dem sie für die Nationalratswahl nach Wien zurückgekehrt ist.
Zur Person: Ulrike Lunacek wurde am 26. Mai 1957 in Krems an der Donau geboren. Sie studierte Englisch- und Spanisch-Dolmetsch an der Universität Innsbruck, engagierte sich national und international im Frauen- und Sozialbereich, arbeitete als Journalistin und ist seit den 1990er-Jahren bei den Grünen aktiv. Seit Jahren pendelt sie zwischen Wien und Brüssel, wo ihre Lebensgefährtin Rebecca Sevilla lebt und arbeitet. Sie ist passionierte Schwimmerin und trat auch schon als Pantomimin auf.