Wahl-Meinung

Das war der Wahlk(r)ampf

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Was sich substanziell geändert hat, ist die spürbare Antipathie unter den Parteiführern.

Neue Lage, 6 Tage. Wenige Augenblicke trennt die Menschheit vom großen Urnengang. Die Mutter aller Schlachten findet am Sonntag gottlob ihr Ende. Wahrlich: Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer Tritt für die Österreicher, denn es war mit Abstand der ­inhaltsleerste, sinn- und nutzloseste Wahlkampf in der Geschichte der Zweiten Republik.

Die einzige epochale Erkenntnis ist doch die Tatsache, dass das Gesagte der beiden Balduins, der Ferienschrecks von Ibiza, von allen anderen Parteien still und heimlich, aber umso konsequenter umgesetzt wurde. Strache und Gudenus fabulierten in ihren feuchtfröhlichen Nächten auf der spanischen Baleareninsel über Umgehungskonstrukte für Parteispenden am Rechnungshof vorbei, und siehe da, die ÖVP wurde bei der konkreten Umsetzung ertappt. Heidi Horten lässt grüßen.

Die gefallenen Helden der Blauen sinnierten halblustig über den Kauf einer Tageszeitung, ein österreichischer Immobilien-Millionär hat es tatsächlich getan. Dem Urlaubsvideo war zu entnehmen, wie man über Vereinsnetzwerke Zuwendungen von großen Unternehmen in den politnahen Bereich schleust.

Der Grüne Chorherr ist genau deswegen Ziel-eins-Objekt der heimischen Justiz. Also könnte selbst der geneigte Leser die Erkenntnis erlangen, dass dieser erzwungene Urnengang in Wahrheit für A und F war und ist.

Garniert war das auf den einfachen Bürger hereinbrechende Potpourri halbseidener Parteipolitik mit Schreddergate, Hackergate, Fiebergate und dem lustigen Besuch Pamela Rendi-Wagners in St. Tropez. Dazu gesellten sich noch irrwitzige Diskussionen über den Geburtsort Sebastian Kurz’ und das Beziehungsgeflecht innerhalb der FPÖ zum einstigen Übervater HC Strache.

Das war der Wahlk(r)ampf 2019 – unnötig wie ein Kropf. Denn selbst das Ergebnis wird, bis auf die Tatsache, dass es die GrünInnen dank Greta Thunberg wieder ins Parlament schwemmt und es Lustgreis Peter Pilz aus ebendiesem wirft, dem Ergebnis von 2017 relativ ähnlich sein.

Die ÖVP unter Sebastian Kurz wird die Wahl als mit Abstand klarer Sieger gewinnen, die SPÖ auch unter Pamela Joy Rendi-Wagner wie immer verlieren, die Freiheitlichen trotz Ibiza passabel abschneiden und die Neos dank großzügiger Zuwendungen Haselsteiners ihr Ergebnis halten.

Was sich substanziell geändert hat, ist die spürbare Antipathie unter den Parteiführern. Zwischen Kurz und Rendi-Wagner herrscht fieberbedingte (H)eis(s)zeit, die Blauen trauen der ÖVP nach dem Koalitionsbruch noch weniger über den Weg. Wie sich aus diesen Bruchstücken zerrütteter Beziehungen jemals wieder eine tragfähige Regierung formen lässt, wird Teil der posttraumatischen Paartherapie nach der Wahl sein. Eines weiß ich ganz gewiss: Es waren verlorene Monate für Österreich! 

Gerald Grosz

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