Nach der Wahl

Was wird aus Schüssel?

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Nach den Koalitionsverhandlungen rechnet niemand mehr mit Wolfgang Schüssel in der österreichischen Innenpolitik: Macht er jetzt EU-Job?

Niemand geht in der ÖVP derzeit davon aus, dass Wolfgang Schüssel nach den Koalitionsverhandlungen, die er für die ÖVP noch führen soll, weiter bleibt. Nach sechs Jahren im Kanzleramt lässt es sein Stolz nicht zu, „nur“ mehr als Juniorpartner Vizekanzler in einer Koalition zu sein.

Brüssel lockt
So könnte jetzt in die Tat umgesetzt werden, was Schüssel seit langem reizt: Ein Job in Brüssel. Der glühende Europäer Wolfgang Schüssel zielte schon im Sommer 2004 auf das Amt des EU-kommissionspräsidenten. Doch der Portugiese José Manuel Barroso wurde ihm vorgezogen. Eine Möglichkeit wäre nun: Schüssel könnte die österreichische Außenkommissarin in der EU, Benita Ferrero-Waldner, ablösen. Das Prozedere: Ferrero-Waldner müsste freiwillig zurücktreten. Der österreichische Regierungschef könnte dann einen neuen Kommissar nominieren.
Das Kalkül: SPÖ-Chef Gusenbauer wäre wohl eine Sorge los, wenn er Schüssel nach Brüssel wegloben könnte. Einziges Manko: Der Job des Außenkommissars soll im kommenden Jahr im Tätigkeitsbereich massiv beschnitten werden. Der Job wäre wenig prestigeträchtig für Schüssel. Von dieser Position aus könnte Wolfgang Schüssel aber im Jahr 2009 einen zweiten Anlauf auf den Sessel des Kommissionspräsidenten versuchen. Auch beim nächsten Mal wird dieser Job für Schüssel nur schwer zu erreichen sein. Denn bisher gilt als ungeschriebene Regel: Auf einen Präsidenten aus einem kleinen Land wie Portugal wird ein Präsident aus einem großen Land folgen - was auf Österreich definitiv nicht zutrifft.

Lukrative Beratertätigkeit
Abgewählte Regierungschefs oder Präsidenten in anderen Ländern zeigen einen zweiten Weg auf, den Schüssel gehen kann: Der deutsche Ex-SPD-Kanzler Gerhard Schröder hat ebenso ins Beratergeschäft gewechselt wie der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Beide verdienen jetzt Millionen, indem sie das Know-how, das sie sich in der Politik angeeignet haben, einsetzen. Dagegen spricht, dass Schüssel keinen Job nur wegen des Geldes machen wird. Er selbst hat in seiner Zeit als Bundeskanzler auf Berater von außen gänzlich verzichtet.

Pensionsalter erreicht
Nach 38 Jahren in der Politik hat Schüssel mit seinen 62 Jahren Anspruch auf eine Politikerpension ­­- und zwar nach dem alten System. Diese klassische Politikerpension bekommt jene Hand voll Politiker, die mit 31. Juli 1997 schon zumindest zehn Jahre als Abgeordneter oder vier Jahre in der Regierung tätig waren. Dabei gilt: Schüssel erhält maximal 80 Prozent seines Aktivbezugs als Bundeskanzler. Derzeit verdient er 19.762 Euro im Monat. Dieses Gehalt wurde erst mit 1. Juli 2006 um 2,3 Prozent angehoben.

Kein völliger Rückzug denkbar
Dass sich Schüssel völlig aus der Politik zurückzieht, ist allerdings für seine Vertrauten nicht denkbar. Vielleicht überrascht er auch, indem er ein Amt annimmt, das er noch nicht inne hatte. Schüssel dazu in einem Interview: „Wilhelm Molterer ist das, was ich immer angestrebt habe, aber nie geworden bin ­- Klubobmann.“ Derzeit bereitet er sich bereits auf mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ vor. Eine Obmanndiskussion wird in der ÖVP öffentlich noch peinlich vermieden - erste Stimmen der Kritik, an Schüssel und seinem Wahlkampfstil, werden aber schon laut

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