'In einem Rechtsstaat steht das Recht an oberster Stelle' - Kritik auch von Faßmann
Nachdem Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) öffentlich an der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gerüttelt hatte, erteilt Verfassungsminister Josef Moser (ÖVP) diesem Vorstoß eine Absage. Die Menschenrechtskonvention habe sich bewährt und sei zu beachten, sagt Moser am Rand des Ministerrats. Außerdem erinnerte er seinen Regierungskollegen an das rechtsstaatliche Prinzip in der Verfassung.
Kickl hatte am Dienstagabend im ORF-Report angekündigt, Grundregeln wie die Menschenrechtskonvention hinterfragen zu wollen. Angesprochen darauf, dass Ausgangssperren für Asylwerber und die rasche Abschiebung von Flüchtlingen an rechtsstaatliche Grenzen stoßen könnten - etwa die Menschenrechtskonvention oder EU-Recht - meinte Kickl, man müsse darauf achten, nicht über die eigenen Gesetze zu stolpern. Vielfach seien das "irgendwelche seltsamen rechtlichen Konstruktionen, teilweise viele, viele Jahre alt aus ganz anderen Situationen heraus entstanden" über die er eine Debatte führen möchte: "Denn ich glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folgen hat, und nicht die Politik dem Recht."
"Recht an oberster Stelle"
Moser wies diese Aussage am Mittwoch zurück. "In einem Rechtsstaat steht das Recht an oberster Stelle", sagte der für Justiz und Verfassung zuständige Minister, beim Verlassen der Regierungssitzung auf Kickls Äußerungen angesprochen. In der österreichischen Verfassung sei klar geregelt, dass die gesamte Verwaltung nur auf Basis der Gesetze ausgeübt werden dürfe. "Ich bin mir sicher, dass auch der Bundesminister Kickl sich daran halten wird", so Moser.
Ein Hinterfragen der Europäischen Menschenrechtskonvention hält Moser nicht für notwendig. "Die Menschenrechtskonvention hat sich in der Vergangenheit bewährt", betonte der Minister. Außerdem sei sie auch Grundlage der EU-Grundrechtecharta. Aus Mosers Sicht reichen die darin festgelegten Spielräume aus.
Kritisch hatte sich zu Kickls Aussagen zuvor auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) geäußert. "Ich würde das so nicht sagen", betonte Faßmann zu Kickls Forderung, dass das Recht der Politik zu folgen habe: "Die Bundesverfassung hat einen sehr stabilen Charakter, das ist nicht etwas, was man im Rahmen eines schnellen politischen Prozesses verändern soll."
User kritisieren Kickls Aussagen
Auch in den sozialen Netzen wurde vor allem die Aussage Kickls, wonach "das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht", heftig debattiert.
Hofer nimmt Kickl in Schutz
FPÖ-Regierungskoordinator Norbert Hofer hat seinen Parteifreund Innenminister Herbert Kickl gegen Kritik an seinen Aussagen zum Rechtsstaat in Schutz genommen. Kickl hatte mit Blick auf rechtliche Hürden bei Abschiebungen gefordert, dass das Recht der Politik folgen müssen und nicht umgekehrt. Hofer interpretiert das dahin gehend, dass Gesetze im Parlament beschlossen werden.
"Natürlich folgen Gesetze der Gesetzwerdung und die Gesetzwerdung geschieht im Parlament - und so ist das auch zu verstehen", verteidigte Hofer Kickls aussagen. Ziel von Wahlen sei es schließlich, dass Persönlichkeiten in gesetzgebende Körperschaften einziehen, um Gesetze zu beschließen und zu ändern.
ÖVP-Regierungskoordinator Gernot Blümel verwies darauf, dass Kickl selbst klar gemacht habe, sich am Boden des Rechtsstaates zu befinden. Keine Festlegung gab es von den beiden Regierungskoordinatoren, ob die Regierung versuchen könnte, internationale Abkommen wie die Menschenrechtskonvention einseitig aufzukündigen. Es sei nicht hinzunehmen, wenn Menschen ins Land kommen, Schutz erhalten und dann Gewalttaten begehen, meinte Blümel: "Natürlich müssen alle Möglichkeiten geprüft werden, wie das verhindert werden kann."