Weltpolitik

Macron und Le Pen in Stichwahl um Präsidentschaft

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Herausforderin laut Prognosen nur vier Prozentpunkte hinter Amtsinhabe.

Im Rennen um die Präsidentschaft in Frankreich können die Wähler in zwei Wochen zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und der rechten Kandidatin Marine Le Pen entscheiden. Beide qualifizierten sich in der ersten Wahlrunde am Sonntag wie erwartet für die Stichwahl. Die Kandidatinnen der früheren Volksparteien, der Sozialisten und Konservativen, erlitten hingegen schwer Niederlagen.

Nach Auszählung von 86 Prozent der zur Wahl registrierten Wähler kam Macron auf 27,4 Prozent vor Le Pen mit 24,9 Prozent. Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon kam demnach mit 20,5 Prozent auf Platz drei. Ein vollständiges Ergebnis nach Auszählung aller Stimmen wurde erst später in der Nacht oder am Morgen erwartet. Der Rechtsextreme Éric Zemmour zog nach den noch unvollständigen Daten des Innenministeriums mit knapp 7 Prozent an der Konservativen Valérie Pécresse mit etwa 4,8 Prozent vorbei. Die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo lag abgeschlagen bei 1,7 Prozent. Der Grüne Yannick Jadot kam auf 4,4 Prozent.

Macron dankte seinen Wählerinnen und Wählern für ihren Rückhalt. "Euer Vertrauen ehrt mich, verpflichtet mich und bindet mich", sagte der 44-Jährige am Sonntag vor Massen jubelnder Anhänger in Paris. Strahlend fügte er hinzu: "Sie können alle auf mich zählen, um dieses Fortschritts- und Öffnungsvorhaben umzusetzen."

Macron würdigte in seiner Dankesrede alle seine elf Kontrahenten namentlich und lobte einen respektvollen Wahlkampf. Besonderen Dank sprach er denjenigen unter ihnen aus, die nach ihrer eigenen Niederlage bereits am Wahlabend zur Unterstützung Macrons in der Stichwahl zwischen ihm und Le Pen aufgerufen hatten. "Einige werden es tun, um die Rechtsextreme zu verhindern, und mir ist vollkommen bewusst, dass das nicht als Unterstützung für mein Vorhaben gilt und das respektiere ich."

Le Pen pochte in einer ersten Reaktion auf Frankreichs Selbstständigkeit und Werte. Für die Stichwahl hätten sich "zwei entgegengesetzte Visionen der Zukunft" durchgesetzt, sagte sie am Sonntagabend in Paris. Sie vertrete "die soziale Gerechtigkeit rund um das jahrtausendealte Konzept von Nation und Volk". Sie werde die nationale Unabhängigkeit und die Möglichkeit der einfachen Franzosen sicherstellen, für sich selber zu entscheiden. "Ich werde Frankreich in fünf Jahren in Ordnung bringen", meinte sie.

Der rechtsextreme Kandidat Zemmour rief nach der Wahl zur Unterstützung von Le Pen auf. "Ihr steht ein Mann gegenüber, der zwei Millionen Immigranten ins Land gelassen hat und während des Wahlkampfs nie über innere Sicherheit und Einwanderung geredet hat", sagte er am Sonntagabend mit Blick auf Präsident Macron.

"Wir sind die einzigen, die unsere Zivilisation und Kultur verteidigen", sagte Zemmour, der zahlreiche prominente Unterstützer von Le Pen für sich gewonnen hatte. Unter ihnen ist auch Le Pens Nichte Marion Maréchal, die sich möglicherweise schon auf eine Präsidentschaftskandidatur 2027 vorbereitet.

Die Kandidatinnen und Kandidaten von Republikanern, Sozialisten, Grünen (Yannick Jadot) und Kommunisten (Fabien Roussel) gaben eine Wahlempfehlung für Macron ab. Sollte die Rechtspopulistin Le Pen an die Macht kommen, drohten "desaströse Folgen für das Land und für folgende Generationen", sagte die konservative Kandidatin Pécresse am Sonntagabend in Paris.

Der beim Votum drittplatzierte Linkspolitiker Mélenchon sprach sich zwar nicht direkt für Macron aus, forderte aber dezidiert dazu auf, nicht für Le Pen zu stimmen: "Ihr dürft Frau Le Pen eure Stimme nicht geben", betonte er am Sonntagabend.

Sowohl Macron als auch Le Pen waren schon 2017 in der Stichwahl gewesen, die der Zentrumsliberale damals klar für sich entscheiden konnte. Dieses Mal dürfte es aber knapper werden. Viele linke Wählerinnen und Wähler haben in Umfragen erklärt, dass sie anders als 2017 Macron in der Stichwahl nicht wählen würden, nur um einen Einzug der Rechtspolitikerin Le Pen in den Élysée-Palast zu verhindern. Diese Wahlberechtigten muss Macron nun überzeugen, ihre Meinung zu ändern und in der zweiten Runde am 24. April doch für ihn zu stimmen.

Macron war erst spät in den Wahlkampf eingestiegen, da er wegen des Kriegs in der Ukraine stark eingebunden war in Diplomatie und Verhandlungen über Sanktionen gegen Russland. Le Pen hatte ihre Kampagne dagegen frühzeitig gestartet. Die EU- und Euro-Skeptikerin verspricht, die Kaufkraft der Franzosen in Zeiten rasant steigender Preise mit einer kräftigen Mehrwertsteuersenkung auf Benzin stärken zu wollen. Das war ein wichtiges Thema im Wahlkampf, das Le Pen früh gesetzt hat. Umfragen zufolge sind die Franzosen nicht zufrieden mit der Wirtschaftspolitik von Macron, obwohl die Arbeitslosenquote deutlich zurückgegangen ist.

Der Präsident hatte zunächst auf eher unpopuläre Themen wie eine Anhebung des Pensionsalters und schärfere Auflagen für Sozialleistungen gesetzt. Erst in der heißen Wahlkampfphase schwenkte er um und stellte weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher vor steigenden Strom- und Benzinpreisen in Aussicht. Zudem verschärfte er den Ton gegenüber Le Pen und warf ihr vor, ein rassistisches Programm zu haben, das auf die Spaltung der Gesellschaft ausgelegt sei. Le Pen hatte bis zum Krieg in der Ukraine auch Russlands Präsident Wladimir Putin offen bewundert. Führende Ökonomen rechnen bei einem Erfolg der rechten Kandidatin mit einem Börsenbeben. Ein Sieg des Pro-Europäers Macron dürfte an den Kapitalmärkten dagegen gut ankommen.
 

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