Weltpolitik

Macron und Putin erwägen Treffen in Ukraine-Krise

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Das französische Staatsoberhaupt möchte mit Putin über die nahende Eskalation in der Ukraine ein Vermittlungsgespräch führen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron intensiviert seine Vermittlungsbemühungen in der Ukraine-Krise. Wie der Elysee-Palast  mitteilte, führte Macron neuerlich ein Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei sei auch die Möglichkeit eines direkten Treffens erörtert worden, hieß es. Zuvor hatten sich die USA und Russland im UNO-Sicherheitsrat einen Schlagabtausch geliefert, während Großbritannien neue Sanktionen gegen Russland androhte.

Macron teilte mit, dass er mit Putin eine Fortsetzung des Dialogs über die Umsetzung der Minsker Ukraine-Vereinbarung vereinbart habe. Die beiden Präsidenten hätten auch die "Fortschritte" bei den Gesprächen im Normandie-Format (Ukraine, Russland, Deutschland, Frankreich) begrüßt. Laut dem Kreml wurde auch über die von Russland erbetenen Sicherheitsgarantien gesprochen. Es handelte sich um das zweite Telefonat der beiden Präsidenten innerhalb von drei Tagen.

USA warnt vor Eskalation

Das Weiße Haus verteidigte indes seine Warnungen vor einer Eskalation durch Russland in der Ukraine-Krise. "Wir halten es für wichtig, offen und ehrlich über die Bedrohung durch Russland zu sprechen", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, in Washington. Die russischen Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine und andere Bemühungen Moskaus, das Land zu destabilisieren, seien gefährlich. Ziel der US-Regierung sei es, "die amerikanische Öffentlichkeit und die Weltgemeinschaft über den Ernst der Bedrohung zu informieren".

Psaki äußerte sich nach einer auf US-Initiative einberufenen UNO-Sicherheitsratssitzung zum Thema. Dort hatte der russische UNO-Botschafter Wassily Nebentsia die Warnungen des Westens scharf kritisiert. "Die Diskussionen um eine drohende Kriegsgefahr sind an und für sich provokativ. Sie rufen fast danach. Sie wollen, dass es passiert", sagte er.

Dagegen sehen die USA die Region angesichts des russischen Aufmarsches auf einem "gefährlichen Pfad" in einen Krieg. "Das ist die größte - hören sie mich laut und deutlich - Mobilisierung von Truppen in Europa seit Jahrzehnten", sagte UNO-Botschafterin Thomas-Greenfield. Es handle sich um Kampfeinheiten, "die bereit sind, Offensivaktionen in der Ukraine durchzuführen." Washington wolle keine Konfrontation, aber im Falle einer Invasion der Ukraine würden die USA schnell handeln.

100.000 russische Soldaten Einsatzbereit

Die USA hatten das Treffen im Sicherheitsrat angefragt, weil sie und ihre westlichen Verbündeten eine russische Invasion in der Ukraine befürchten. Washington verlangt einen Rückzug der an der ukrainischen Grenze versammelten rund 100.000 russischen Soldaten ins Hinterland. Die USA hatten die Debatte mit zehn zu fünf Stimmen gegen den Willen der UNO-Vetomacht Russland erzwungen.

Stationierte Soldaten befänden sich im Hoheitsgebiet Russlands, was bei ähnlichen Vorgängen in der Vergangenheit nicht zu einer Hysterie geführt hätte, sagte Nebentsia. Stattdessen würden die Ukrainer gegenwärtig einer Gehirnwäsche unterzogen und mit Russlandphobie und radikalem Denken gefüttert. Der UNO-Botschafter bestritt, dass tatsächlich 100.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen worden seien. Er machte keine Zugeständnisse für eine Entspannung der Lage.

Ukrainische UNO-Botschafter erhebt schwere Vorwürfe

Dagegen erhob der ukrainische UNO-Botschafter Sergij Kyslytsja schwere Vorwürfe gegen das Nachbarland. Die Ukraine werde von etwa 130.000 russischem Militärpersonal bedroht, sagte er. Auch im Donbass befänden sich etwa 3.000 russische Soldaten. Mit Blick auf die russischen Dementis betonte der Diplomat, dass er selbst nur Taten wie einem Truppenabzug Glauben schenken könne. Die Ukraine habe jedenfalls keine aggressiven Pläne und sei dem Frieden verpflichtet, schloss Kyslytsja konkret eine Militäroffensive gegen die pro-russischen Separatistengebiete im Osten des Landes oder auch die - von Russland völkerrechtswidrig annektierte - Halbinsel Krim aus.

Nebentsia hatte die Sitzung verlassen, ehe sein ukrainischer Kollege das Wort ergriff. Die Umstände der Sitzung zeigten, wie isoliert Russland mit seiner Position international ist. Neben drei Enthaltungen hatte nur China mit seinem Partner Russland gegen die Beratungen gestimmt. Angesichts von Moskaus Dementi bezüglich der Vorwürfe gebe es keine Grundlage für das öffentliche Treffen, sagte UNO-Botschafter Zhang Jun: "Was wir jetzt dringend brauchen, ist stille Diplomatie."

Lösungsansätze werden gesucht

Indes gingen die diplomatischen Bemühungen zur Lösung des Konflikts auf mehreren Ebenen weiter. Die Außenminister von Russland und den USA wollten am Dienstag erneut am Telefon über die Lage beraten, wie die beiden Außenministerien am Montag bestätigten. Dabei dürfte es um die Antwort des Westens auf die russische Forderung nach Sicherheitsgarantien gehen, die in der Vorwoche Moskau übermittelt wurde. Die russische Führung hat zu verstehen gegeben, dass sie damit nicht zufrieden ist.

Der britische Premier Boris Johnson reist am Dienstag nach Kiew, unterdessen wird Ungarns Regierungschef Viktor Orban von Russlands Präsident Wladimir Putin empfangen. Er reist als erster Regierungschef eines NATO-Mitgliedstaats seit der Eskalation im Ukraine-Konflikt nach Moskau. Auf dem Programm stehe ein Austausch über aktuelle Probleme der europäischen Sicherheit, teilte der Kreml mit. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan plant in dieser Woche ein Gespräch mit Putin.

Auch Johnson reist in die Ukraine

Ein Treffen Johnsons mit dem Kreml-Chef wurde jedoch verschoben. Dafür kündigte die britische Außenministerin Liz Truss an, in den kommenden zwei Wochen nach Moskau reisen zu wollen. Sie gab auch den baldigen Beschluss von Vermögenssanktionen gegen Unterstützer eines Einmarsches in die Ukraine bekannt. Großbritannien spielt diesbezüglich eine Schlüsselrolle, da kein westliches Land auch nur annähernd so viel russisches Kapital beherbergt. Weil Truss positiv auf das Coronavirus getestet wurde, musste sie ihre Kiew-Reise in Begleitung von Premier Johnson absagen.

Europäische Staaten wollten auch der Ukraine Signale der Unterstützung senden. Johnson, der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sowie EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis reisen dazu am Dienstag in die Ukraine. Die britische Regierung kündigte im Falle eines russischen Angriffs Sanktionen gegen Kreml-Mitarbeiter an, was die ukrainische Führung begrüßte. Polen kündigte im Vorfeld eines Besuchs seines Verteidigungsministers in Kiew an, dass es zur Lieferung von Munition an das Nachbarland bereit sei. Das NATO-Land Estland meldetedie Verletzung seines Luftraumes durch einen russischen Kampfjet des Typs Su-27 und zitierte umgehend den Geschäftsträger Moskaus ins Außenamt in Tallinn.

Westliche Staaten und die Ukraine werfen Russland vor, angesichts der Truppenkonzentration von 100.000 Soldaten vor der Grenze zur Ukraine einen Angriff vorzubereiten. Russland dementiert dies. Der polnische Außenminister und amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Zbigniew Rau, verwies bei einem Besuch in der estnischen Hauptstadt Tallinn auf Signale, dass Russland seine Truppen in Belarus verstärke.
 

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