Peter Westenthaler saß im Häfen in Simmering. Sein erstes Interview nach dem Gefängnis.
Wien. Er hat seine Strafe abgesessen. Zwischen Drogendealern, Räubern, Kinderschändern. In der Justizanstalt Simmering: „Es war die reine Hölle“, sagt er. Auch die Fußfessel, die er ab 27. Dezember trug, ist er – wie berichtet – seit Donnerstag acht Uhr wieder los. Dieses Wochenende verbringt er mit seiner Familie einen ersten Vier-Tage-Kurzurlaub nach der Haft in einer Therme in Bad Tatzmannsdorf.
Ausspannen. Durchatmen. Ex-FPÖ/BZÖ-Politiker Peter Westenthaler ist wieder ein freier Mann. Und doch nicht. Bis heute fühlt er sich zu Unrecht verurteilt: „Es war ein Fehlurteil, ein Schandurteil.“
Richterin Marion Hohenecker, die auch den Buwog-Prozess um Karl-Heinz Grasser leitet, wandelte einen glasklaren Freispruch aus dem ersten Verfahren in einen Schuldspruch mit unbedingter Haft gegen ihn um. Zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt. Westenthaler hat als Fußball-Bundesliga-Chef eine Million Euro Fördergeld an die Bundesliga weitergeleitet, so der Vorwurf.
Er selbst nahm keinen Groschen: „Es gab keine Bereicherung, keinen Schaden, niemand wurde geschädigt“, sagt er. Trotzdem die Haft. Jetzt strebt er ein Verfahren gegen die Richterin an.
K. Wendl
Westi: "Ich saß zwischen Dealern und einem Kinderschänder"
oe24.TV: Wie geht es Ihnen nach der Haft?
Peter Westenthaler: Es geht es mir gut und ich fühle mich leichter. Blicke ich aber zurück, muss ich sagen, diese Freiheitsberaubung ist durch ein Unrecht geschehen. Das machte es doppelt schlimm. Die Zeit in der Haft war die reine Hölle. Ich habe ja Familie, wurde aus einem Freundeskreis herausgerissen. Dieses Urteil gegen mich war ein Fehlurteil, ein Schandurteil. Ich glaub, dass es noch nie so ein Urteil gegeben hat.
oe24.TV: Was werfen Sie der Richterin vor?
Westenthaler: Ich wurde wegen Betrugs verurteilt, obwohl die drei wesentlichen Komponenten eines Betruges nie stattgefunden haben: Es gab keine persönliche Bereicherung, keinen Schaden, es wurde niemand geschädigt oder getäuscht. Bei jedem Betrug kommt unmittelbar nach dem Urteil jemand um die Ecke und will sein Geld wiederhaben. Bei mir war das nicht der Fall, weil sich niemand betrogen fühlte: Weder die Bundesliga noch der ÖFB noch die Republik. Deshalb wurde ich ja zuvor freigesprochen.
oe24.TV: 164 Tage mussten Sie letztlich absitzen. Was war so fürchterlich?
Westenthaler: Die schlimmste Phase ist jene im geschlossenen Vollzug. Du kommst dort hin, du checkst ein, es wird dir alles weggenommen. Ich habe Gefängniskleidung bekommen, weil die Justizanstalt von Insekten befallen war. Alles da. Bettwanzen, Flöhe etc. Dann die 7-Quadratmeter-Zelle. Vorne eine Eisentür, hinter dir das doppelt vergitterte Fenster. Drinnen ein Bett, eine Waschmuschel, ein WC. Am Abend gibt dir der Stockchef einen Liptauer und ein Stück Brot, Wasser. Niemand soll mir sagen, in Österreich gibt es Wohlfühlgefängnisse, das ist scharfe Haft.
oe24.TV: Wer waren die Mitgefangenen?
Westenthaler: 80 Prozent Zuwanderer. Tschetschenen, Afghanen, was auch immer. Fast nur junge Leute. Zwischen 20 und 30 Jahre. Drogendealer, Gewalttäter, Vergewaltiger, auch ein Kinderschänder. Dort sitzen alle. Nur Mörder war keiner dabei. Das sind tief greifende Erlebnisse, die vergisst nimmer. Wirklich schlimm ist aber die Infrastruktur in Simmering: Kein dichtes Fenster, die Kälte zieht durch. Schwarzer Schimmle in der Küche, in den Sanitäranlagen. Selbst das Leitungswasser ist nicht o. k. Das gehört dringend saniert.
oe24.TV: Sie sind prominent, wie wurden Sie behandelt?
Westenthaler: Eines muss ich vorausschicken: Die Beamten machen unter widrigsten Voraussetzungen einen grandiosen Job, sind fast Hobbypsychologen. Ich ziehe den Hut, größter Respekt. Nur einer hat die Muskeln spielen lassen, das war, wie ich später erfahren hab, ein sozialdemokratischer Gewerkschafter. Was die Insassen anbelangt: Es hat mich keiner bedroht, ich wurde nicht angefeindet.
oe24.TV: Nach vier Monaten waren Sie Freigänger …
Westenthaler: Ja. Sie können in der Früh raus, zur Arbeit gehen, am Abend wieder rein. Die Wochenenden sitzt man in Haft. Zum Glück konnte ich meinen Job als Geschäftsführer des Magazins alles roger weiter ausüben, ein großes Danke an meinen Chef. Er hat das Unrecht gesehen, das ist nicht selbstverständlich.
oe24.TV: Und Ihre Familie?
Westenthaler: Es hat sie sehr mitgenommen. Alle kamen mich besuchen, das waren sehr emotionale Momente. Meine Tochter, meine Mutter und meine Frau sind aber immer hinter mir gestanden. Bis heute. Meine Familie konnte die Richterin nicht zerstören.
oe24.TV: Sie haben ein Tagebuch verfasst. Was wird daraus?
Westenthaler: Ich plane kein Buch über die Haftzeit, das interessiert keinen. Es müsste breiter gefasst werden: mein gesamter Fall. Ich habe große Lust, das Unrecht aufzuzeigen, das mir widerfahren ist. Das bedingt natürlich auch den Kampf gegen meine Unrechtsrichterin, der geht weiter.
oe24.at: Wie wollen Sie das anlegen?
Westenthaler: Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Die eine ist die Wiederaufnahme meines Verfahrens, da braucht es aber einen neuen Sachverhalt den man einbringen muss, das wird kompliziert. Die zweite ist der Gang zum europäischen Gerichtshof, der mir von vielen Rechtsanwälten vorgeschlagen wurde. Wir werden auf jedem Fall die Befangenheit der Richterin vorm EuGH thematisieren. Unsere Gesetze besagen schließlich ganz klar, dass, wenn es nur den Anschein einer Befangenheit eines Richters(in) gibt, so muss dieser abgezogen werden. Das ist in meinem Fall aber nicht geschehen. Deshalb geht der Kampf auch in Zukunft weiter.