"Qualitätsverlust"

Widerstand gegen Gesamtschule

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Vertreter der höheren Schulen warnen vor den möglichen Folgen.

Ein klares Nein zur Gesamtschule ist am Freitag von Schüler-, Eltern- und Lehrervertretern der höheren Schulen (AHS, berufsbildende mittlere und höhere Schulen/BMHS) gekommen. Das differenzierte Schulwesen samt achtjähriger Gymnasien müsse beibehalten werden - sonst drohe Qualitätsverlust und eine höhere Jugendarbeitslosigkeit, warnten Vertreter des Bundesschulgemeinschaftsausschusses (BSG-A) bei einer Pressekonferenz in Wien.

Werde die Vielfalt der Schultypen reduziert, setze man die Jobchancen der Jugend aufs Spiel, warnte Elternvertreter Theodor Saverschel. In Österreich mit seiner Differenzierung der Schüler in AHS und Hauptschule/Neue Mittelschule (NMS) mit zehn Jahren gebe es derzeit eine Jugendarbeitslosigkeit von 8,7 Prozent, im "vielgelobten" Finnland (Trennung mit 16) hingegen 20,2 Prozent.

Von der künftigen Regierung forderte der BSG-A, dass alle Schulen zumindest einen Bruchteil der zusätzlichen Mittel erhalten, die derzeit in die Neue Mittelschule fließen. Diese zusätzliche Lehrerstunden - an den NMS sind es sechs pro Woche zur besseren Individualisierung des Unterrichts in Deutsch, Mathe und Englisch - sollen die Schulen dann autonom für pädagogische Angebote einsetzen können. Außerdem solle endlich auch an den höheren Schulen die Höchstzahl von 25 Schülern pro Klasse eingehalten werden, so Bundesschulsprecherin Angi Groß von der VP-nahen Schülerunion.

Bei den Ganztagsschulen ist der BSG-A zwar für einen Ausbau - dabei müsse aber die Qualität stimmen. Schon jetzt würden 84 Prozent der AHS-Unterstufen ganztägige Angebote anbieten - großteils Mittags-/Nachmittagsbetreuung, ganz selten in verschränkter Form mit einem Wechsel aus Unterricht, Lern- und Freizeit. Großteils handle es sich aber nur um "Aufbewahrung", bemängelte Saverschel. Kolportierte Pläne, wonach künftig schon die Zustimmung von 50 Prozent anstelle derzeit zwei Drittel der Eltern und Lehrer für die Umstellung einer Klasse auf die verschränkte Form reichen soll, lehnt er daher ab. Denn während man in der Stadt auf andere Standorte ausweichen könne, würde dies am Land zur "Zwangsbeglückung" führen.

Skeptisch zeigte der BSG-A sich auch zum von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer, dem VP-Verhandlungsführer bei den Koalitionverhandlungen zum Bildungsbereich, favorisierten Modell für die Zehn- bis 14-Jährigen: Es sieht vor, dass die NMS zur Regelschule wird und nur noch AHS-Standorte mit einer Spezialisierung in der Langform erhalten bleiben. Für AHS-Lehrervertreter Eckehard Quin (FCG) widerspricht dies allerdings dem Auftrag der AHS zur Allgemeinbildung. Außerdem würden ohnehin schon jetzt 70 Prozent der 10- bis 14-Jährigen Hauptschulen bzw. die aufgewertete Form der NMS besuchen.

Eine Umwandlung von AHS-Unterstufen sei zudem nicht finanzierbar, warnte Saverschel. Schon jetzt gebe es zu wenig Mittel, um die zusätzlichen sechs Wochenstunden zur Individualisierung in dieser Schulform bereitzustellen. Die Folge wäre ein Qualitätsverlust. Wichtig wäre ohnehin nicht, was am Türschild stehe, sondern die Qualität am Standort - "dieses Thema wird von der Politik aber nicht angegangen", zeigte er sich verärgert.

Gegen kolportierte Pläne der ÖVP, wieder Aufnahmeverfahren für AHS einzuführen, machen die Interessensvertreter ebenfalls mobil. Die Folge wären Eliteschulen für Kinder aus betuchten Familien, so Saverschel, der außerdem einen Widerspruch dazu ortet, dass durch die NMS eigentlich eine größere Durchlässigkeit im System entstehen sollte. Punktuelle Leistungsüberprüfungen halte er für wenig sinnvoll, so Quin. Er plädierte stattdessen dafür, dass Volks- und AHS-Lehrer gemeinsam Gutachten zu Eignung und Motivation aller Volksschulabsolventen erstellen.

Gefahr für die Qualität der höheren Schulen droht aus Quins Sicht auch durch das geplante neue Lehrerdienstrecht, für das die scheidende Regierung ohne Zustimmung der Gewerkschaft einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt hatte. Sollten künftig Lehrer bereits mit dem Bachelorabschluss nach vier Jahren unterrichten dürfen (der Master ist erst für eine Fixanstellung Voraussetzung), sei das ein "Downgrading", warnte er. Er wehrte sich auch dagegen, dass auch an AHS und BMHS künftig Lehrer Fächer unterrichten sollen, für die sie nicht ausgebildet sind. An den Pflichtschulen, wo das schon jetzt der Fall ist, würden 50 Prozent der Stunden von fachfremden Lehrern erteilt.

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