Das sagt ÖSTERREICH

Wird die Präsidenten-Wahl zur Wut-Wahl in der Vertrauens-Krise?

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Das sagt ÖSTERREICH - ein Kommentar von Wolfgang Fellner.

Seit Monaten ist es unübersehbar: Die Österreicher haben das Vertrauen in ihre politischen Vertreter verloren. Erstmals vertrauen nur noch 23 % der Österreicher ihrer Bundesregierung (die sie übrigens zu 52 % gewählt haben). Erstmals vertrauen auch nur mehr 27 % dem Kanzler, der dieses Land führen soll.

Und erstmals ist auch das Vertrauen in den Bundespräsidenten unter die 50-%-Marke gefallen. Nur noch 44 % vertrauen Alexander Van der Bellen – bei Vorgänger Heinz Fischer waren es 84 %.

Dieser Vertrauensverlust hat in dieser Woche dramatische Ausmaße erreicht. In nur einer einzigen Woche verlor Kanzler Nehammer im Vertrauens-Index der Lazarsfeld Gesellschaft 5 %. Van der Bellen stürzte sogar um 6 % (von 50 auf 44 %) ab.


Die kommenden Wahlen werden uns sehr rasch zeigen, welche Auswirkungen dieser Vertrauensverlust auf das Wahlverhalten hat.
Als erste Wahl steht am 9. Oktober die Bundespräsidenten-Wahl an. Ich wage die Vorhersage, dass ihr Ergebnis dramatisch werden könnte.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Präsident, der nur noch das Vertrauen von 44 % der Bürger hat, über 50 % der Stimmen erzielen kann.
Van der Bellen regiert in der Hofburg mittlerweile so abgehoben wie ein alternder Monarch. Er sagt nichts zu den Korruptionsfällen, die fast wöchentlich die Politik erschüttern. Er hat bis jetzt kein Wort zu den Teuerungen verloren. Er schweigt zu den Sanktionen und zur Gas-Krise. Und zuletzt ließ er verlautbaren, dass er nicht gedenkt, sich den in jeder Demokratie üblichen TV-Duellen zu stellen. Kann man so einen abgehobenen Präsidenten noch wählen?


Die FPÖ hat mit Walter Rosenkranz einen spannenden Gegenkandidaten aufgestellt. Er soll als Volksanwalt und in seinem Trachtenanzug die bürgerlichen Wähler ansprechen, gleichzeitig aber mit seinem Megafon Herbert Kickl auch die Protestwähler mobilisieren. Das könnte ihm im ersten Wahlgang über 30 Prozent der Stimmen bringen.
Mit Gerald Grosz gibt es einen zweiten Gegenkandidaten, der sich als Sprachrohr aller Politik-Frustrierten ­positioniert. Auch ihm sind 10 % der Stimmen zuzutrauen.
Aber wo sind die anderen Kandidaten? Es ist eine besondere politische Blamage, dass sich ÖVP UND SPÖ nicht trauen, gegen den wankenden Hofburg-Kaiser eigene Kandidaten aufzustellen.
Wie bitte? Die SPÖ unterstützt einen Präsidenten, der kein Wort zur ÖVP-Korruption und zur Teuerung sagt?


Und wie bitte? Die ÖVP empfiehlt die Wahl jenes Präsidenten, der in Wahrheit gemeinsam mit den Grünen ihren Ex-Kanzler Kurz politisch erdolcht hat?
Man kann nur hoffen, dass sich – insbesondere im linken Bereich – Personen-Komitees finden, die spannende Kandidaten nominieren, damit wir eine demokratische (Aus)Wahl haben.
Vielleicht hat ja sogar unsere Zwergerl-Partei KPÖ den Mut, ihre bemerkenswerte Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr zu nominieren. Diese Ausnahme-Politikerin, die bei der letzten Grazer Wahl sogar die Mehrheit der ÖVP-Stimmen erreichte, obwohl sie Kommunistin (!) ist, wäre mit ihrer Bürger-Nähe und ihrem sozialen Gewissen der spannende Gegen-Entwurf zum Schnarch-Präsidenten Van der Bellen.

Denn: Wenn sich kein(e) linke Kandidat(in) findet, dann stehen die Chancen hoch, dass Herbert Kickl mit seiner Marionette Rosenkranz in die Hofburg einzieht.
Die Österreicher sind so frustriert, so zornig, von der Teuerung auch wirtschaftlich so schwer getroffen und so wütend auf Regierung und Noch-Präsident, dass ihnen zuzutrauen ist, sogar die bisher „heilige“ Bundes­präsidenten-Wahl zu einer Protest-Wahl zu machen. Sie haben das Vertrauen in die Politik verloren. 

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