Die ÖVP wird in Bälde Besuch von einem Wirtschaftsprüfer erhalten. Grund dafür ist, dass der Rechnungshof bezweifelt, dass die Volkspartei die Wahlkampfkosten für 2019 korrekt abgerechnet hat.
Das Kontrollorgan hat am Freitag die ÖVP-Bilanz für das Wahljahr veröffentlicht und dabei eine Reihe von Verstößen gegen das Parteiengesetz angezeigt. Überhaupt finden sich für die Türkisen teils heikle Feststellungen darin.
Etwa wertet der Rechnungshof die mit Corona-Hilfsmitteln geförderten Vereine des ÖVP-Seniorenbundes als Teil der ÖVP, womit diese keine Coronahilfen hätten beziehen dürfen. Die Prüfer verweisen auf oftmals deckungsgleiche Vereinssitze direkt in der jeweiligen Bundes- oder Landesparteizentrale, auf einschlägige Formulierungen in den Beitrittserklärungen und auf die Selbstbeschreibung des Seniorenbundes. Klären muss die Frage nun der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) im Kanzleramt bzw. in weiterer Folge das Bundesverwaltungsgericht.
Ebenfalls beim UPTS angezeigt hat der Rechnungshof die Inseratenaffäre des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Dazu haben die Prüfer die 1,6 Mio. Euro Inserateneinnahmen 2019 mit dem in Aufmachung und Umfang ähnlichen "Gemeindeblatt für die Landeshauptstadt Bregenz" verglichen, wo solche Inserate nur 268.000 Euro erbracht hätten. Die Differenz von 1,3 Mio. Euro hat der Rechnungshof als verdeckte Parteispende an den Senat gemeldet. Ebenfalls angezeigt wurden Wahlkampfinserate in der "Niederösterreich Zeitung" der ÖVP, die Werbung des Landwirtschaftsministeriums für den Bauernbundball sowie zwei vom Finanzministerium in Auftrag gegebene Umfragen vor der EU-Wahl 2019.
Wahlkampfkosten von 2019 werden geprüft
Dass nun ein vom RH bestellter Wirtschaftsprüfer der Parteizentrale einen Besuch abstatten wird, liegt daran, dass die Prüfer nicht glauben wollen, dass die ÖVP mit 6,9 Mio. für die EU-Wahl 2019 mehr Geld ausgegeben haben will, als für den politisch deutlich wichtigeren Nationalratswahlkampf (nur 5,6 Mio. Euro). Außerdem liegen dem Rechnungshof mutmaßlich ÖVP-interne Unterlagen vor, die die Einhaltung der Kostengrenze zweifelhaft erscheinen lassen.
"Das ist erstmalig so, dass der Rechnungshof das macht", betonte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Sie geht davon aus, dass die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer "sehr rasch" eine Liste von geeigneten Prüfern, bei denen Interessenskonflikte ausgeschlossen sind, übermitteln könne. Daraus werde dann ein Wirtschaftsprüfer per Los bestimmt, der klären soll, ob die Angaben der ÖVP stimmen.
Häme von Seiten der Opposition
Die Opposition reagierte mit Kritik und teils mit Häme. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeigte sich "fassungslos" und nannte die Zahlen der ÖVP ein "einziges Schummel- und Blendwerk". Die NEOS sahen darin einmal mehr die Bestätigung für das "Korruptionsproblem" der Türkisen. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist der "türkise Skandal-Sumpf" so tief, dass sofortige Neuwahlen unausweichlich sind.
Und auch die Grünen als Koalitionspartner der ÖVP lassen kein gutes Haar an dem Bericht: Die Stellungnahme des Rechnungshofes sei "verheerend" und stelle der ÖVP-Parteibuchhaltung "ein mieses Zeugnis aus", meint die grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli.
Nehammer: "Wir haben nichts zu verbergen"
Anders sah das naturgemäß die ÖVP, die der neuerlichen Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer "gelassen" entgegen sehe. Dass der Rechnungshof entschieden habe, einen zusätzlichen Wirtschaftsprüfer einzusetzen, obwohl zwei andere Rechnungsprüfer das Ergebnis des Volkspartei testiert haben, sei Sache der Behörde, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag am Rande eines Besuchs in Tallinn: "Wir haben nichts zu verbergen aus dieser Zeit." Nehammer sicherte dem Rechnungshof volle Transparenz und Zusammenarbeit zu.
Indes zeigte die Beantwortung einer parlamentarischen NEOS-Anfrage, dass fast nur ÖVP-nahe Organisationen Förderungen aus dem "Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds" bezogen haben. Im Umfeld der anderen Parteien gab es so gut wie keine solchen Förderungen, von denen Parteien und ihre Teilorganisationen eigentlich ausgeschlossen sind. Und auch die Politische Akademie der ÖVP kam laut einem Bericht des Ö1-"Morgenjournal" in den Genuss von Corona-Hilfen, nämlich über die Betreibergesellschaft des Seminarhotels auf dem Gelände der Akademie. Die Springer Schlössl GesmbH, die dem Akademie-Verein gehört, hat demnach 185.000 Euro Umsatzersatz und 200.000 Euro aus dem NPO-Fonds erhalten.