Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Österreichs Kanzler Nehammer hat mit seinem Putin-Besuch ein politisches Hochrisiko-Unternehmen gestartet, das eine hohe Chance hatte, in einem Fiasko zu enden. Karl Nehammer hat den Putin-Besuch beim trickreichsten Polit-Pokerspieler zumindest ohne peinliche Niederlage überstanden.
Die versammelte Opposition, die Medien, sogar der eigene Koalitionspartner, die alle schon die Messer gewetzt hatten, müssen ihre Polit-Waffen vorerst wieder einpacken.
Nehammer war vom früheren Kohl-Mastermind und Bild-Chef Kai Diekmann offenbar bestens beraten: Kein offizieller Termin im Kreml, sondern ein Privat-Treffen, keine Fotos und schon gar keine Pressekonferenz, bei der Putin dem Ösi-Newcomer die rot-weiß-roten Unterhosen ausgezogen hätte …
… Nehammer behielt die Deutungs-Hoheit über seine Visite und erzählte seine Sicht der PR-Story: „Hartes, fast brutales Gespräch“, „scharfe Verurteilung des Krieges und vor allem der Kriegs-Verbrechen“.
Aber: Rausgekommen ist bei diesem Treffen nichts. Nehammer konnte Putin kein einziges Zugeständnis abringen, ist wie gegen eine Gummiwand angelaufen. Sein Moskau-Besuch war damit zwar fehlerlos, vor allem aber wohl sinnlos.
Es wird schon gute Gründe haben, warum Macron, Scholz und Johnson mit Putin nicht einmal mehr telefonieren.
Die meisten haben vor dem Treffen gesagt: Einen Kriegsverbrecher trifft man nicht. Und: Putin wird Nehammer als PR-Idioten verwenden. Unser Kanzler hat den Kriegsverbrecher entgegen aller Warnungen doch getroffen. Wenn er die Friedens-Chance nur um einen kleinen Funken verbessert, dann hat sich sein Kamikaze-Ausflug ausgezahlt.
Wenn Putin aber in den nächsten Tagen den Osten der Ukraine niedermetzelt, Kiew erneut angreift, hat Nehammer seine nächste und vielleicht letzte große Niederlage erlitten …