Winterspiele 2026 in Italien

Big-Air-Königin schließt weiteren Olympiastart nicht aus

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Anna Gasser wusste, dass sie vor ihrem letzten Sprung etwas Besonderes braucht. Also packte sie ihren im Wettkampf noch nicht gezeigten Trick aus, für den sie nach China gekommen war und landete ihn.  

Der Lohn für die Snowboard-Akrobatin war ihr zweites Olympia-Gold und die Titelverteidigung im Big Air. Ans Aufhören denkt die 30-jährige Kärntnerin trotz junger, nachdrängender Konkurrenz nicht. Weil sie die ständige Weiterentwicklung an sich selbst und in ihrem Sport liebt. Die Frage, wie dieser Erfolg an diesem 15. Februar 2022 möglich war, beantwortete Gasser in all den vielen Interviews, sei es auf Deutsch oder Englisch, immer gleich: "Ich dachte nicht ans Resultat, und deshalb war es mir möglich, diesen Titel zu verteidigen. Ich liebe Snowboarden, liebe den Fortschritt und die Mädels, die mich dazu zwingen, mich weiterzuentwickeln."

"War heute wirkliches Freestyle-Snowboarden"

Am Dienstag stand sie doch wieder zuoberst am Podium, wie schon 2018 in Pyeongchang, freudestrahlend und gefeiert von der Konkurrenz. Es war ein Sieg gegen viele Widerstände. Da war die junge Garde um Slopestyle-Olympiasiegerin Zoi Sadowski Synnott (20), die als Favoritin gegolten hatte, und deren Supersprung im dritten Versuch misslang; dann die unberechenbare Großwetterlage dieser Tage im Pekinger Raum. Schneefall hatte die Anlaufspur verlangsamt, wodurch Gasser ihren späteren Goldsprung im Training nicht auf den Prüfstand stellen konnte.

Und letztlich die vermeintlich einschneidendste Sorge: Ihr Freund und Mentor Clemens Millauer, selbst ein Olympiastarter im Snowboard-Freestyle, brach sich im Training den Knöchel und reiste unverzüglich nach Österreich zurück. Nicht verwunderlich, dass Gasser im Nachhinein sagte: "Es war heute wirkliches Freestyle-Snowboarden, weil alles sehr spontan entschieden worden ist." Sogar die Dramaturgie ihrer drei Versuche stellte sie um, weil zu Beginn für den Cab Double Cork 1260, einen Sprung mit dreieinhalb Drehungen, noch Gegenwind herrschte.

Gasser liebäugelt schon auf Winterspiele 2026 in Italien

Am Höhepunkt abzutreten, kommt ihr auch dieses Mal nicht in den Sinn. "Es macht mir nach wie vor so viel Spaß und Freude - es ist meine Leidenschaft. Solange ich sehe, dass ich mich weiterentwickle, dass ich besser werde, ist es schwer aufzuhören. Ich sehe, dass meine Tricks heuer besser sind als letztes Jahr", sagte Gasser, die auch angesichts von unzähligen Verletzungen in ihrer Karriere weiß. "Ich muss natürlich auch gesund bleiben, es kann mit einem Sprung alles vorbei sein." Sie wolle nun einfach "freestyle weitermachen" und nach Lust und Laune entscheiden.

Sogar einen weiteren Olympiastart schließt Österreichs nun vierte Doppel-Olympiasiegerin nicht aus. 2026 finden die Winterspiele in Mailand und Cortina d'Ampezzo statt. "Ich wäre so gern einmal in Europa bei Olympischen Spielen. Jetzt war ich in Russland, Korea und China - ist auch schön -, aber dass einmal meine Eltern und Lieben in der Nähe wären und nicht um zwei Uhr in der Früh aufstehen müssen, um meinen Bewerb zu schauen, das wäre der einzige Grund, warum ich es noch einmal durchziehen würde."

Weltstar

Dann wäre sie 34, im Snowboard-Freestyle ein ambitioniertes, aber machbares Alter. Zumal die frühere Leistungsturnerin erst mit 18 Jahren so richtig aufs Snowboard gekommen ist. "Vielleicht bin ich deshalb noch frisch, ich fühle mich nicht alt."

Die 1,67 m große Athletin ist längst ein Weltstar in ihrem Sport. Als Big-Air-Olympiasiegerin 2018, Big-Air-Weltmeisterin 2017, zweifache Freestyle-Gesamtsiegerin (2017, 2021), Weltcup-Seriensiegerin und zweifache österreichische "Sportlerin des Jahres" (2017, 2018) war Gasser nach Peking gereist.

Sie verlässt die größte Sportbühne mit einem weiteren Triumph, der der starken Konkurrenz Respekt abringt. "Sie ist der Grund, warum Snowboarden so krass abgeht und dass es so eine Progression ist", meinte die deutsche Freestylerin Annika Morgan. "Sie überschreitet immer das Limit, das ist richtig cool zu sehen."

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