Das Great Barrier Reef an Australiens Nordostküste gilt als größtes lebendes Bauwerk der Erde.
Doch nun melden Forschende des Australian Institute of Marine Science (AIMS) einen historischen Tiefpunkt: In zwei seiner drei Regionen hat das Riff den größten Rückgang an lebenden Korallen seit Beginn der jährlichen Erhebungen vor 39 Jahren erlitten.
„Die scharfe Abnahme war das Ergebnis eines massiven Korallenbleichens, ausgelöst durch die globale marine Hitzewelle, die Korallenriffe auf der ganzen Welt betroffen hat“, erklärte Daniela Ceccarelli, Korallenökologin im Langzeit-Monitoring-Programm des AIMS. Diese Hitzewelle begann 2023 in der Karibik und erreichte das Great Barrier Reef im Februar und März 2024. „Dieses Bleichen hatte sehr ernste Auswirkungen auf die lebenden Korallen und führte dazu, dass viele von ihnen starben.“
Die Zahlen sind erschreckend: In der nördlichen Region gingen 25 Prozent des Korallenbestands verloren, im Süden sogar 30 Prozent. „In den nördlichen und südlichen Abschnitten ist das tatsächlich der größte Rückgang, den wir in 39 Jahren jährlicher Beobachtung gesehen haben“, so Ceccarelli. Nur die mittlere Region kam mit einem Minus von 14 Prozent etwas glimpflicher davon.
Ein Teil der Erklärung liegt in der Biologie des Riffs: Zwischen 2018 und 2024 erlebte es eine Erholungsphase, in der vor allem schnell wachsende Korallenarten große Flächen besiedelten. „Leider sind diese Korallen, so wichtig sie für die schnelle Regeneration sind, sehr anfällig. Sie brechen leicht bei Stürmen, sind hitzeempfindlich und die bevorzugte Beute der Dornenkronen-Seesterne“, erläuterte Ceccarelli.
Besonders besorgniserregend: 2024 und 2025 kam es zu zwei aufeinanderfolgenden Massenbleichen – ein bisher nie dagewesenes Ereignis. „Wir sehen, dass diese marinen Hitzewellen häufiger und intensiver werden. Selbst wenn Korallen sich erholen können, bleibt ihnen nicht genug Zeit, um vollständig zurückzukehren.“
Das hat auch Folgen für die Artenvielfalt. Ceccarelli zieht einen anschaulichen Vergleich: „Nach einem Buschfeuer wachsen zuerst Gräser und Büsche – aber die großen Bäume fehlen, bis mehr Zeit zwischen den Bränden vergeht. Bei Korallen ist es genauso: Die schnell wachsenden Arten starten die Erholung, doch wir brauchen auch die langsam wachsenden, robusten Korallen, um ein gesundes, vielfältiges Riff zu erhalten. Wenn die Zyklen der Störungen immer kürzer werden, verlieren wir diese Vielfalt.“
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Für die Wissenschaftlerin ist klar, was nun Priorität haben muss: „Klimawandel ist ohne Zweifel die größte Bedrohung für Korallenriffe weltweit. Wir müssen die Treibhausgasemissionen reduzieren. Lokale Schutzmaßnahmen sind wichtig, aber ohne Emissionssenkung werden sie langfristig nicht ausreichen.“
Das 2.400 Kilometer lange Riff ist nicht nur ein Naturwunder, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor – es bringt Australien jährlich über sechs Milliarden australische Dollar ein. Dennoch steht es bislang nicht auf der UNESCO-Liste gefährdeter Welterbestätten, obwohl Fachleute dies befürworten. Die neue Studie könnte die Debatte darüber neu entfachen.