Human Rights Watch spricht von 'sklavenähnlichen Bedingungen'.
Zehntausende Kinder werden in Koranschulen im Senegal nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schwer misshandelt. Viele lebten "unter sklavenähnlichen Bedingungen", erklärte Georgette Gagnon, Direktorin der Afrika-Abteilung von Human Rights Watch, in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung. HRW forderte die Behörden in dem westafrikanischen Land auf, alle Koranschulen staatlich zu regulieren und verantwortliche Lehrer zur Rechenschaft zu ziehen. Senegal dürfe nicht tatenlos zusehen, wie jeden Tag Schüler "geschlagen und eklatant vernachlässigt" würden, sagte Gagnon.
Zum Betteln gezwungen
In dem 114-seitigen Bericht dokumentiert
HRW nach eigenen Angaben die "systematische Ausbeutung und Misshandlung" von
mindestens 50.000 Schülern an islamischen Schulen. Die Burschen, die
größtenteils jünger als zwölf Jahre seien, würden von ihren Lehrern
gezwungen, täglich viele Stunden betteln zu gehen. In Senegals muslimisch
geprägter Gesellschaft haben religiöse Führer große gesellschaftliche und
politische Macht. Kinder werden zur religiösen und moralischen Erziehung oft
der Obhut von Koranschulen anvertraut. Die Lehrer nehmen dabei die Rolle
eines Vormunds ein.
Laut HRW nutzen Lehrer in vielen städtischen Koranschulen den Unterricht als Vorwand, um ihre Schüler wirtschaftlich auszubeuten. Viele verlangen demnach, dass die Kinder ein bestimmtes Tagespensum abliefern. Wer die geforderte Summe nicht erreiche, werde zur Strafe körperlich und seelisch schwer misshandelt. Die Menschenrechtsorganisation berichtete von zahlreichen Fälle, in denen Kindern geschlagen oder angekettet worden seien. Der Bericht beruht auf Interviews mit 175 derzeitigen und ehemaligen Koranschülern sowie rund 120 Lehrern, Angehörigen, islamischen Gelehrten und Regierungsvertretern.