Konflikt

Putin dreht Kiew das Gas ab

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Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine gescheitert. EU-Krisengipfel in Wien.

Eskalation im Gasstreit zwischen Kiew und Moskau: Russland hat seine Gaslieferungen an die Ukraine am Montag gestoppt. Der Staatskonzern Gazprom kündigte an, künftig nur noch gegen Vorkasse zu liefern, weil die frühere Sowjetrepublik ihre Rechnungen nicht bezahlt.

Damit erhöht Russland den Druck auf die Ukraine und schürt auch in der Europäischen Union Sorgen vor Engpässen. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russische Gaslieferungen in die EU.

EU angeblich nicht betroffen
Moskau versicherte, die vereinbarten Gaslieferungen in die EU seien nicht betroffen, warnte aber trotzdem vor Problemen. Diese könnten entstehen, wenn die Ukraine für den Transit bestimmtes Gas für den Eigengebrauch abzweige. "Gazprom wird weiterhin jene Menge Gas in die Rohre nach Europa pumpen, die vertragsgemäß festgelegt ist. Die Ukraine muss den störungsfreien Transit sicherstellen", sagte Konzernsprecher Sergej Kuprijanow.

Die EU-Kommission sah am Montag keine Engpässe in Europa. "Die Versorgung der EU ist normal", sagte die Sprecherin des EU-Energiekommissars Günther Oettinger in Brüssel. "Das Frühwarnsystem ist bisher nicht aktiviert worden." Das System wurde nach dem Gasstreit zwischen Moskau und Kiew im Jahr 2009 eingerichtet und soll Russland und die EU im Fall drohender Lieferengpässe zusammenbringen.

Auch in Deutschland ist die Gasversorgung nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums aktuell nicht gefährdet. Die 51 deutschen Gasspeicher sind zu fast 75 Prozent gefüllt. Das dürfte für mehrere Monate reichen. Deutschland deckt mehr als ein Drittel seines Gasbedarfs mit russischen Lieferungen. Die Hälfte der russischen Gasexporte nach Europa wird über die Ukraine abgewickelt.

Keine Überraschung
Der russische Lieferstopp kam nicht überraschend. In der Nacht zum Montag waren mehrstündige Verhandlungen Moskaus mit Kiew unter Vermittlung Oettingers gescheitert. Nach Angaben der EU-Kommission lehnte Russland einen Kompromissvorschlag ab.

Am Montagmorgen lief dann ein neues Ultimatum Moskaus zur Begleichung der ukrainischen Schulden aus, die Gazprom inzwischen auf 4,458 Milliarden US-Dollar (3,290 Mrd. Euro) beziffert. Gazprom hatte bis 8.00 Uhr MESZ eine Zahlung von 1,95 Milliarden US-Dollar (rund 1,44 Milliarden Euro) verlangt. Russland habe die Frist dreimal verlängert und sei zu einer weiteren Stundung nicht bereit, hieß es.

Laut EU-Kommission hatte Oettinger vorgeschlagen, dass die Ukraine zunächst eine Milliarde US-Dollar zahlen sollte. Die übrigen offenen Rechnungen hätten bis Ende des Jahres in sechs Raten geleistet werden sollen. Im Winter hätte das Land 385 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter zahlen sollen, im Sommer 300 Dollar "oder ein paar Dollar mehr". Moskau habe aber auf sofortiger Zahlung von 1,95 Milliarden US-Dollar und dem Gesamtpreis von 385 US-Dollar bestanden.

Vorwürfe gegen Jazenjuk
Moskau machte vor allem den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk für das Scheitern verantwortlich. "Die unangemessene Haltung des Regierungschefs muss das ukrainische Volk nun ausbaden", sagte Regierungschef Dmitri Medwedew. "Jazenjuk will die Konfrontation", kritisierte Gazprom-Chef Alexej Miller. Sowohl die Ukraine als auch Russland reichten Klage bei der internationalen Schiedsstelle für Handelsstreitigkeiten in Stockholm ein.

Medwedew versicherte, dass Moskau zu weiteren Verhandlungen bereit sei. Oettinger kündigte an, er werde nach einer Sondierungsphase erneut zu trilateralen Gesprächen einladen. Die Verhandlungen seien keineswegs endgültig gescheitert, betonte auch der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin.

Die Ukraine hatte Russland zuvor mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. Kiew wirft Moskau vor, Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen. Der Kreml weist dies zurück. Der Abschuss eines Militärflugzeuges mit 49 Soldaten an Bord durch prorussische Separatisten hatte auch international Bestürzung ausgelöst. Am Montag brachten Separatisten die Filiale der Zentralbank in Donezk unter ihre Kontrolle. Sie wollten damit jeglichen Geldfluss an die Zentralmacht in Kiew unterbinden, sagte ihr Anführer Andrej Purgin.

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16.15 Uhr: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die Regierungstruppen am Montag aufgefordert, noch in dieser Woche die Grenzregion zu Russland wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Danach sollte es eine vorübergehende Waffenruhe geben, um Chancen für einen Friedensplan auszuloten, so Poroschenko.

15.58 Uhr: Streit um Preis
Im Schnitt bezahlen die westeuropäischen Länder rund 385 Dollar pro 1.000 Kubikmeter für russisches Gas. Auch das aktuelle Angebot Russlands an die Ukraine basiert auf diesem Preis.

Kiew besteht jedoch auf einem Preis von 268,50 Dollar (den zuletzt Ex-Präsident Janukowitsch gezahlt hatte). 385 Dollar "ist für die Ukraine inakzeptabel und die Ukraine wird ihn nicht bezahlen", ließ der Chef der staatlichen ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz, Andriy Kobelev.

Den von der EU-Kommission vorgeschlagenen deutlich niedrigeren Kompromisspreis von 326 Dollar hätte Kiew zwar akzeptiert - hier zeigt sich Moskau jedoch unnachgiebig.

15.02 Uhr: Laut EU-Energiekommissar Günther Oettinger muss Europa in den Wintermonaten auf Speichergas - auch aus der Ukraine - zurückgreifen. Es sei daher, das "Gebot der Stunde" die ukrainischen Speicher (35 Milliarden Kubikmeter) zu füllen.

14.19 Uhr: Putin beschimpft
Russlands Außenminister Sergej Lawrow will mit seinem ukrainischen Kollegen Andrej Deschtschiza künftig nicht mehr reden. Der Grund: Der Diplomat hatte Russlands Präsident Wladimir Putin beleidigt.  Deschtschiza hatte im Gespräch mit Demonstranten in Kiew am Samstag Putin mit einem Begriff aus der Fäkalsprache belegt, wie ein Mitschnitt zeigt.

14.15 Uhr: Separatisten besetzen Zentralbank in Donezk
Prorussische Separatisten haben das Gebäude der ukrainischen Zentralbank in der östlichen Stadt Donezk besetzt. Angestellte der Bank mussten das Haus verlassen. Derzeit werde mit Behördenvertretern die Übernahme der regionalen Finanzbehörden durch die selbsterklärte "Volksrepublik Donezk" vorbereitet.

13:47 Uhr: Ukrainische Gasversorgung offenbar bis Dezember gesichert
Der ukrainische Gasversorger Naftogaz versicherte, dass die Gasversorgung der Ukraine bis Dezember gesichert sei. Das Land verfüge nämlich über Speicherkapazitäten im Umfang von 14 Milliarden Kubikmetern, sagte Naftogaz-Chef Andrij Kobolew. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk betonte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kobolew, dass es in dem Konflikt nicht um Gas gehe. "Es ist ein allgemeiner Plan Russlands, die Ukraine zu zerstören".

13:09 Uhr: Strom-Preis steigt
Der durch den russisch-ukrainischen Streit ausgelöste Gaspreis-Anstieg hat am Montag auch Strom verteuert. Eine Megawattstunde zur Lieferung in einem Jahr kostete in der Spitze 34,85 Euro. Das ist 0,9 Prozent mehr als am Freitag und so viel wie zuletzt im April. In dem Kursanstieg spiegle sich die Verunsicherung der Anleger wider, sagte ein Börsianer. "Man darf dabei allerdings nicht vergessen, dass die Preise sehr niedrig waren. Daher ist das Plus heute Morgen nicht überraschend."

12:52 Uhr: Der ukrainische Gasversorger Naftogaz versicherte, dass die Gasversorgung der Ukraine bis Dezember gesichert sei. Das Land verfüge nämlich über Speicherkapazitäten im Umfang von 14 Milliarden Kubikmetern, sagte Naftogaz-Chef Andrij Kobolew. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk betonte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kobolew, dass es in dem Konflikt nicht um Gas gehe. "Es ist ein allgemeiner Plan Russlands, die Ukraine zu zerstören".

12:25 Uhr: Österreichs Gasversorgung gesichert
Österreichs Gasspeicher sind gut gefüllt, selbst bei einem völligen Importstopp würden die Vorräte noch bis Februar 2015 reichen - das sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Montag nach der Einstellung der russischen Gaslieferungen an die Ukraine.

12:07 Uhr: Kompromiss laut EU-Kommissar Oettinger in den nächsten Tagen
EU-Energiekommissar Günther Oettinger hofft nach dem russischen Gaslieferstopp für die Ukraine auf einen baldigen Kompromiss der beiden Streitparteien. Oettinger sagte am Montag vor Journalisten in Wien, dass er die Verhandlungen mit Moskau und Kiew fortsetzen wolle. Zugleich versuchte er Befürchtungen bezüglich der Gaslieferungen für die Europäische Union zu zerstreuen. Oettinger sagte, er habe "volles Vertrauen" für die Ukraine als Transitland für russisches Gas. Auch habe er keine Zweifel, dass Russland den EU-Gasmarkt beliefern werde. Russland habe großes Interesse daran.

11:44 Uhr: Russland liefert Kiew kein Gas mehr
Russland hat seine Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt. Die Lieferungen seien "auf null" reduziert worden, teilte der ukrainische Energieminister Juri Prodan am Montag in Kiew mit. Zugleich betonte er, dass die Ukraine den Transit von russischem Gas für den europäischen Markt fortsetzen werde.

11:29 Uhr: Moskau und Ukraine klagen bei Schiedsstelle
In ihrem milliardenschweren Gasstreit haben die Ukraine und Russland Klagen bei der internationalen Schiedsstelle für Handelsstreitigkeiten in Stockholm eingereicht. Der russische Staatskonzern Gazprom klagt einer Mitteilung vom Montag zufolge wegen ukrainischer Schulden für nicht bezahlte Gaslieferungen von 4,458 Milliarden US-Dollar (3,290 Milliarden Euro). Der ukrainische Energieversorger Naftogaz reichte hingegen eine Klage gegen Gazprom ein wegen zu hoher Preise von aktuell 485,5 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas.

11:01 Uhr: Gazprom bmöchte weiter die vertraglich vereinbarten Mengen für europäische Abnehmer liefern wollen. Die Ukraine sei verpflichtet, das Gas weiterzuleiten. Österreich bezieht einen Großteil seines Gases über die Ukraine.

10:07 Uhr: Gazprom kündigt Pressekonferenz an
Gazprom-Chef Alexej Miller kündigte eine Pressekonferenz für den Nachmittag (12.30 Uhr MESZ Uhr) an. In Moskau begann am Morgen auch die World Petroleum Conference, eine Tagung von Öl- und Gasexperten aus aller Welt. Um 12.00 Uhr MESZ wurde auch ein Auftritt von Kremlchef Wladimir Putin auf der Konferenz erwartet.

09:14 Uhr: Gazprom befürchtet Lieferstörungen in die EU
Der russische Gasriese Gazprom schließt nach dem Lieferstopp für die Ukraine Beeinträchtigungen bei Gaslieferungen für die EU-Staaten nicht aus. Wie aus Gazprom-Kreisen verlautete, sei die Europäische Union vor "möglichen Beeinträchtigungen" gewarnt worden. Gazprom betonte, dass die mit den Europäern vertraglich vereinbarten Mengen weiterhin zu Transitzwecken in die Ukraine geleitet werden.

08:52 Uhr: Gas-Engpass in Mitteleuropa?
Nach dem Gas-Lieferstopp wird nun befürchtet, dass es auch zu Problemen bei der Versorgung Mitteleuropas mit russischem Gas kommen könnte.

08:30 Uhr: EU-Krisengipfel am Montag in Wien
Nach dem Scheitern der Gas-Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine lädt EU-Energiekommissar Günther Oettinger am heutigen Montag (10.00 Uhr) zu einem Pressegespräch ins Wiener Haus der Europäischen Union. Dabei soll es auch um die Sicherheit der europäischen Gasversorgung im Lichte der Ukraine-Krise gehen.

08:15 Uhr: Russland verlangt höhere Preise für Gas
Der Streit zwischen Kiew und Moskau dreht sich nicht nur um unbezahlte Rechnungen, sondern auch um den Preis für Gaslieferungen. Derzeit fordert Russland 485,50 US-Dollar je 1000 Kubikmeter. In Verhandlungen hatte Moskau einen Preis von rund 385 US-Dollar angeboten. Die Ukraine will aber nur 268 US-Dollar zahlen. Kiew droht damit, den Streit vor das Schiedsgericht in Stockholm zu bringen. Moskau will in diesem Fall dort eine Gegenklage einreichen.

08:00 Uhr: Moskau fordert von Ukraine 1,44 Milliarden Euro
Die mehrstündigen Verhandlungen wurden am Monta gohne grundlegende Einigung beendet. Moskau erwarte weiterhin bis Montagmorgen 08.00 Uhr (MESZ) von Kiew die Zahlung von 1,95 Milliarden US-Dollar (rund 1,44 Milliarden Euro), sagte Sergej Kuprijanow vom Gazprom-Konzern in Kiew. "Wir haben keine Einigung erhielt und die Chancen sind gering, dass wir uns noch einmal treffen. Wir befinden uns schon auf dem Rückflug nach Moskau", sagte er.

 

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