Nach Freitagsgebet

Tote bei Massenprotesten in Syrien

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Menschenrechtlern zufolge sind 13 Demonstranten ums Leben gekommen.

Bei Massenprotesten nach dem Freitagsgebet sind die Sicherheitskräfte in Syrien erneut brutal gegen Demonstranten vorgegangen. In Deir al-Zor, Idlib und Daraa eröffneten die Sicherheitskräfte das Feuer auf die Demonstranten, berichteten arabische Nachrichtensender. Nach einer ersten Bilanz der Aktivistengruppe LKK kamen im ganzen Land zehn Menschen ums Leben. Menschenrechtlern zufolge sind in Syrien am Freitag 13 Demonstranten ums Leben gekommen. Andere Quellen sprachen sogar von 19 Toten.

Von dem Chef der syrischen Menschenrechtsliga, Abdel Karim Rihawi, fehlte seit seiner Festnahme am Donnerstag in einem Café in Damaskus jede Spur.

"Wir werden nicht niederknien"

Die Demonstrationen im Anschluss an das Mittagsgebet standen unter dem Motto "Wir werden nicht niederknien!". "Wir werden nur vor Gott niederknien", skandierten die Gegner von Präsident Bashar al-Assad. Nach Berichten von syrischen Aktivisten wurden am Freitag in vielen Orten Demonstranten getötet, drei von ihnen in Homs und fünf in den Vorstädten von Damaskus. Alleine in der Stadt Duma nahe Damaskus seien fünf Menschen ums Leben gekommen. Weitere Tote habe es in Homs, Hama, Sakba und Khan Sheikhun gegeben. In der Protesthochburg Deir al-Zor wurden Teilnehmer der Freitagsgebete beim Verlassen der Hauptmoschee beschossen, berichtete ein Augenzeuge. Die Gläubigen wären in die umliegenden Gassen geflüchtet, einer sei den Schussverletzungen erlegen.

In der nördlichen Stadt Lattakia demonstrierten rund 8000 Menschen gegen die autoritäre Führung Assads. Im nordwestlichen Banias umstellten Soldaten mehrere Moscheen, um Demonstrationen nach dem Freitagsgebet zu verhindern. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana töteten "bewaffnete Gruppen und Heckenschützen" drei Angehörige der Sicherheitskräfte und zwei Zivilisten.

US-Aufruf
US-Außenministerin Hillary Clinton rief die Handelspartner Syriens am Freitag auf, sich auf die "gute Seite der Geschichte" zu stellen. Ziel von wirtschaftlichen Strafmaßnahmen müsse der Energiesektor werden, da dieser von der Familie des Präsidenten kontrolliert werde und zudem der syrische Staat damit die meisten Devisen einnehme. Bereits am Vortag hatte Clinton in einem TV-Interview China und Indien zu Sanktionen gegen den syrischen Energiesektor aufgefordert. "Und wir wollen sehen, dass Europa mehr Schritte in diese Richtung unternimmt", sagte Clinton. An Russland appellierte sie, die Rüstungsexporte an Syrien zu stoppen. Deutschland zieht entsprechende Sanktionen gegen die syrische Öl- und Gasindustrie in Betracht. Man werde Clintons Forderungen prüfen, kündigte Außenminister Guido Westerwelle an.

Nach Statistiken des Öl-Konzerns BP lag die Förderquote in Syrien im vergangenen Jahr bei 385.000 Barrel pro Tag (bpd). Rund 150.000 Barrel bpd verlassen demnach das Land. Die wichtigsten Empfänger sind Italien, die Niederlande, Frankreich und Spanien.

Bei der blutigen Unterdrückung der Protestbewegung in Syrien kamen nach neuen Angaben von Menschenrechtsaktivisten seit Mitte März mehr als 1800 Zivilisten ums Leben. Die USA haben wie die EU wegen der Gewalt Sanktionen gegen die syrische Führung verhängt, die aber bisher ohne Wirkung blieben.

Kein Lebenszeichen
Seit seiner Festnahme gebe es kein Lebenszeichen von Rihawi, teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Der 43-Jährige leitet die Menschenrechtsliga seit 2004. Mit ihrem Netz an Mitgliedern in vielen syrischen Städten ist die Nichtregierungsorganisation wie die in London ansässige Beobachtungsstelle für Menschenrechte eine wichtige Informationsquelle über die Protestbewegung. Ausländische Journalisten können nur sehr eingeschränkt über die Ereignisse in Syrien berichten. Frankreich und Italien verurteilten die Festnahme Rihawis und verlangten die sofortige Freilassung.

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