Truppen besetzen Saraqeb in umkämpfter syrischer Provinz Idlib
Syrische Regierungstruppen haben eine strategisch wichtige Stadt in der umkämpften Rebellenprovinz Idlib eingenommen. Die Streitkräfte des syrischen Machthabers Bashar al-Assad hätten die Kontrolle über Saraqeb im Nordwesten des Landes übernommen, berichtete das syrische Staatsfernsehen am Samstag.
Die Türkei entsandte unterdessen zusätzliche Truppen nach Idlib und drohte Damaskus für den Fall eines erneuten Angriffs auf türkische Stellungen mit Vergeltung. Idlib ist die letzte Hochburg islamistischer Rebellen in Syrien. Assad ist entschlossen, die Region wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Sein wichtigster Verbündeter ist Russland, während die Türkei in dem Konflikt die Rebellen unterstützt.
Strategisch wichtig
Im Staatsfernsehen waren am Samstag Bilder der nach wochenlanger Bombardierung menschenleeren Straßen Sarakeqs zu sehen. Nach den intensiven Luftangriffen der vergangenen Wochen liegen ganze Städte in Idlib verlassen da, Hunderttausende Menschen flohen nach UNO-Angaben seit Anfang Dezember.
Saraqeb liegt an der Kreuzung der beiden wichtigsten Autobahnen des Landes. Die M5 verbindet die Hauptstadt Damaskus mit der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo, während die M4 Aleppo an die Küstenstadt Latakia anbindet. Die Regierung will die Autobahnen zurückerobern, um die seit dem Kriegsbeginn vor neun Jahren zusammengebrochene Wirtschaft wiederzubeleben.
Am Freitag meldeten Aktivisten, dass die Regierungstruppen den gesamten Abschnitt der M5 in der Provinz Idlib im Nordwesten des Landes eingenommen hätten. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, fehlt den Regierungstruppen nur noch ein 30 Kilometer langer Streckenabschnitt der M5 in der Nachbarprovinz Aleppo, bevor sie die gesamte Autobahn kontrollieren.
Situation zugespitzt
Auch fast die Hälfte der Provinz Idlib steht demnach unter der Kontrolle von Assads Truppen. Ende Jänner hatten sie bereits die zweitgrößte Stadt der Provinz, Maaret al-Numan, erobert. Russische Streitkräfte flogen am Samstag nach Angaben der Aktivisten erneut Luftangriffe auf die Rebellen, insbesondere im Westen der Provinz Aleppo.
Die Situation zwischen Assads Truppen und der türkischen Armee in Idlib hatte sich in den vergangenen Tagen zugespitzt. Syrische Regierungsstreitkräfte beschossen türkische Stellungen, dabei wurden acht türkische Soldaten und Zivilisten getötet. Ankara reagierte mit Vergeltungsangriffen, bei denen mindestens 13 syrische Soldaten getötet wurden. Es handelte sich um die heftigsten Gefechte, seit die Türkei im Jahr 2016 Truppen in das Nachbarland entsandte.
Die Türkei und Russland hatten im September 2018 ein Abkommen geschlossen, um in Idlib eine großangelegte syrische Offensive gegen die von der Türkei unterstützten islamistischen Milizen zu verhindern. Im Zuge dessen richtete die türkische Armee zwölf Beobachtungsposten in der Region ein, von denen drei nach türkischen Angaben inzwischen von syrischen Truppen eingekreist sind.
Seit Freitag hat die Türkei 350 zusätzliche Militärfahrzeuge in die Region zum Schutz ihrer Stellungen entsandt, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Das türkische Verteidigungsministerium drohte am Samstag mit einem Gegenangriff, sollten seine Posten erneut angegriffen werden. In diesem Fall werde die Türkei dem "Recht auf Selbstverteidigung" entsprechend "auf stärkste Weise" reagieren, erklärte das Ministerium im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Damaskus ein Ultimatum bis Ende Februar für den Rückzug von türkischen Stellungen gestellt. Er rief zudem Moskau auf, Druck auf die syrische Regierung auszuüben. Eine russische Delegation wurde am Samstag zu Gesprächen mit türkischen Regierungsvertretern erwartet.