Coronavirus in Italien

Auslandsösterreicherin: "Müssen mit mehrmonatigen Stillstand rechnen"

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''Diese Krise ist keine Eintagsfliege'', meinte die Wahlmailänderin.

Rom/Mailand. Wenig Verkehr, keine Touristen, geschlossene Museen und Kinos: In der wegen der Coronavirus-Epidemie zur Sperrzone gewordenen Metropole Mailand herrscht ungewöhnliche Ruhe. "Jeder ist besorgt, aber gleichzeitig nehmen die Mailänder die Situation humorvoll hin", sagt die Auslandsösterreicherin Barbara Friedrich, die seit 35 Jahren in Mailand lebt und hier ein Fitnessstudio betreibt.
 
Die gebürtige Wienerin bekommt die Auswirkungen der in der Sperrzone verhängten Restriktionen schmerzhaft zu spüren. "Mein Fitnessstudio, in dem ich Pilates-Kurse abhalte, ist schon seit zwei Wochen geschlossen und wird es bestimmt bis zum 3. April bleiben. Wir wissen nicht, wann der Höhepunkt der Infektionen erreicht wird. Einige Experten meinen, diese Krise könnte noch bis Juni dauern, das ist natürlich für uns alle eine große Herausforderung. Wir müssen mit einem mehrwöchigen oder gar mehrmonatigen Stillstand rechnen", meint die Wahlmailänderin im Gespräch mit der APA.
 
In Mailand vermietet Friedrich eine Ferienwohnung über die Internet-Plattform Airbnb. "März war komplett ausgebucht, doch die Touristen haben jetzt alle abgesagt. Wir können nicht voraussehen, wann der Tourismus in Mailand wieder in Bewegung kommt. Diese Krise ist keine Eintagsfliege, sondern wird zu tief greifenden Änderungen in ganz Italien führen", sagte Friedrich.
 
Seitdem die Lombardei am Sonntag zur Sperrzone erklärt wurde, darf die Wienerin nicht die Region verlassen. Die Einschränkung der Reisefreiheit empfindet sie aus familiären Gründen als problematisch. "Ich hätte diese Woche meinen alten Vater in Wien besuchen sollen. Jetzt kann ich die Lombardei nicht mehr verlassen, die Flüge nach Wien sind gecancelt worden. Andererseits ist es besser so: Ich will für meinen Vater keine Gefährdung darstellen und will auch nicht, dass das Virus in der Welt herumspaziert", sagte die Fitness-Instruktorin.
 
Ihre Kontakte in Österreich machen sich um sie Sorgen. "Manchmal sind diese Sorgen auch irrational. Eine Bekannte fragte mich zuletzt, ob wir in Mailand genug zu essen hätten. Ich habe geantwortet, dass die Supermärkte voll seien und wir nicht hungern. Freunde aus alten Zeiten, die ich schon seit langem nicht mehr gehört hatte, haben sich gemeldet, um zu fragen, wie es mir ginge", erzählte die Wahlmailänderin.
 
Die Norditaliener, die anfangs die Coronavirus-Krise heruntergespielt haben, machen sich inzwischen zunehmend Sorgen um den Halt des Gesundheitssystems, das mittlerweile von Hunderten von Infizierten mit akuten Symptomen belastet ist. "Jeder von uns hat die Verantwortung, sich an die Vorsichtsmaßnahmen zu halten, denn die Gefahr, dass das Gesundheitssystem kollabiert, ist konkret. Meine Aufgabe ist es, mich gesund zu halten. In diesem Moment mache ich mir weniger um mich, als um die Gesellschaft Sorgen", sagt Friedrich.
 
Wie lange die Sperrzone in der Lombardei aufrecht bleiben wird, steht in den Sternen. Friedrich meint, dass die Epidemie zu einem tief greifenden Wandel in Italien führen werde. Wirtschaft, Tourismus, und Arbeitssysteme könnten überdacht werden: "Der wirtschaftliche Einbruch könnte groß sein. Schließlich spricht man schon seit Jahren darüber, dass es bald wieder eine Rezession geben werde. Im Alltag wird es zu Änderungen kommen. So erlauben immer mehr Unternehmen in diesen außerordentlichen Tagen die Heimarbeit. Das könnte zu strukturellen Änderungen in der Arbeitsweise führen", so die Auslandsösterreicherin.
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