Flüchtlinge

Avramopoulos: Europa wurde kalt erwischt

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Der EU-Innenkommissar zieht eine gemischte Zwischenbilanz.

Europa sei von der Flüchtlingskrise "kalt erwischt worden", erklärte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel bei der Präsentation eines Zwischenberichts zur Migrationsentwicklung. "Kein Staat war gut darauf vorbereitet, mit der Situation umzugehen, auch Italien und Griechenland an vorderster Front nicht."

Allerdings verbessere sich die Situation "langsam". Die Hotspots müssten zu 100 Prozent operationell funktionieren. Dies sei bei den Fingerabdrücken nur zu 70 Prozent in Italien und Griechenland der Fall. Aber in einigen Wochen werde auch das besser aussehen.

Ergebnisse bringen
Es sei nun "endlich Zeit, Ergebnisse zu bringen. Wir sind nicht durch irgendwelche Feinde bedroht. Die EU ist nicht unter Druck, weil Feinde versuchen, einzufallen. Sondern es geht um Menschen, die unbedingt Hilfe brauchen. Wir müssen unsere moralische und humane Pflicht leisten", betonte Avramopoulos. Er wolle nicht, dass die EU nach nationalen Befindlichkeiten vorgehe, "ich möchte nicht in dunkle Zeiten zurückfallen".

Nicht gerade zuversichtlich zeigte sich der Kommissar über die Zusammenarbeit mit der Türkei. "Wir stehen am Anfang des Umsetzungsplans mit der Türkei. Wir hoffen, dass bald erste spürbare Ergebnisse sichtbar werden. Falls die Türkei sich nicht engagiert und nicht das leistet, was wir vereinbart haben (deutliche Reduktion der Flüchtlingsströme nach Europa, Anm.), wird das eine sehr schwierige Lage werden."

"Dublin ist nicht tot"
Entschieden wandte sich Avramopoulos gegen Berichte, wonach das Dublin-System de facto nicht mehr existiere. "Dublin ist nicht tot. Wir erhalten Dublin am Leben. Einige wollten Dublin den Todesstoß versetzen. Wir werden in einem Monat einen Vorschlag zur Überarbeitung machen."

Außerdem sei es wesentlich, Schengen einzuhalten. "Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse der europäischen Integration. Kein einziges Land darf aus Schengen rausgedrängt werden."

"Wir unterstützen Österreich"
Angesprochen auf eine eventuelle NATO-Beteiligung zur Grenzsicherung Griechenlands mit der Türkei sagte der Kommissar, "ich habe immer erklärt, es wird der Zeitpunkt kommen, wo Europa ein eigenes Verteidigungssystem braucht. So weit sind wir noch nicht. Aber ich kann mich nicht zu Presseberichten äußern. Gegenwärtig ist das offiziell kein Diskussionsthema."

Avramoupolous wies auch zurück, dass jene Staaten, die in der Migrationskrise am meisten belastet waren wie Deutschland, Schweden oder Österreich, zu wenig Berücksichtigung fänden. "Es stimmt, dass Österreich unter Druck steht. Deshalb hat die EU-Kommission auch Verständnis für die Initiativen, die Österreich ergriffen hat, geäußert. Die Kommission schlägt jetzt vor, den Umsiedlungsmechanismus für Österreich teilweise auszusetzen. Wir unterstützen Österreich, damit es mit dieser schwierigen Situation zurecht kommt."

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