Im Falle eines US-Wahlsiegs

Biden will Trump-Entscheidungen rückgängig machen

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Biden kündigt im Falle eines US-Wahlsiegs Politik-Umkehr an - ''Aber amerikanischer Protektionismus bliebe auch unter Biden''

Washington. Je weiter in Europa die Verärgerung über US-Präsident Donald Trump wächst, desto größer werden die Hoffnungen unter Trumps Kritikern auf einen Sieg Joe Bidens bei der US-Präsidentenwahl Anfang November. Immerhin liegt der Demokrat in Umfragen vorne und schürt Hoffnungen vieler US-Alliierter auf einen Kurswechsel in Washington.
 
So kündigte Biden an, dass er den von Trump beschlossenen Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation WHO nach einem Wahlsieg sofort revidieren würde. Sein außenpolitischer Berater Antony Blinken sagte zudem, dass Biden den Abzug von 9.500 US-Soldaten aus Deutschland stoppen würde. "Wir würden alle Entscheidungen überprüfen, die Präsident Trump getroffen hat", betonte Blinken in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters.
 
Experten sehen eine ganze Reihe von Gebieten, auf denen sich die strapazierten transatlantischen Beziehungen wieder verbessern könnten - und eine zumindest teilweise Rückabwicklung der Trump-Politik stattfinden dürfte.
 

Neuorientierung in Umweltpolitik, Wiederbelebung des Westens

"Eine Wende dürfte es etwa in der Umwelt- und Energiepolitik geben", sagte der US-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Josef Braml, zu Reuters. Ein US-Präsident Biden würde wohl massiv auf Erneuerbare Energie setzen - "und damit nur nachvollziehen, was die Märkte längst vormachen, nämlich die Abkehr von fossilen Energien", sagte Braml. Allerdings warnte Braml die Europäer davor, zu sehr auf symbolische Akte wie eine Rückkehr der USA in das Pariser Klimaschutzabkommen zu schielen. Denn schon Barack Obama habe als Präsident keine Ratifizierung dieses Abkommen durch den US-Kongress erreicht.
 
Generell könne man seitens der USA bei einem Präsidentenwechsel mit einer Wiederbelebung der multilateralen Politik rechnen, etwa im G7- und G20-Format, erklärt Braml. Das liege schon daran, dass man im G7-Kreis wieder das Gefühl haben könnte, gemeinsame demokratische Werte zu vertreten. Dies sei angesichts der "autoritären Versuchungen" bei Trump nicht mehr der Fall gewesen. Der deutsche Grünen-Handelsexperte Reinhard Bütikofer sieht zumindest die Chance für eine "Revitalisierung und Reform des Multilateralismus".
 

Differenzen bei Handel dürften bleiben, Forderung bei NATO

Zumindest einen teilweisen Wandel könnte es in der Handelspolitik geben. "Am wichtigsten wäre, dass die USA mit der Benennung von Richtern dafür sorgen, dass die Welthandelsorganisation WTO wieder arbeitsfähig wird", sagte DGAP-Experte Braml. Allerdings warnte er gerade im Handelsbereich vor Illusionen. "Ich rechne weiter mit amerikanischem Protektionismus unter einem demokratischen Präsidenten." Tatsächlich hatte Biden in Wahlkampfauftritten offensiv eine "Buy American"-Position vertreten. Eine Rückkehr zu Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandels- und Wirtschaftsabkommen wie TTIP sei nicht zu erwarten.
 
In der Sicherheitspolitik erwarten EU-Diplomaten nicht nur wegen der angekündigten Revision der Abzugspläne eine Nato-freundlichere Position. "Aber es würde sich auch unter Biden nichts daran ändern, dass die USA mehr 'burden sharing' von den europäischen Alliierten verlangen", betont auch Braml.
 

Schwieriger Umgang mit China

Differenzen mit China dürfte dagegen bleiben. Denn eine kritische Position gegenüber der aufsteigenden Weltmacht haben sowohl Republikaner als auch Demokraten im US-Kongress. "Wir wollen eine Diskussion mit unseren europäischen Verbündeten über einige Herausforderungen, die China für die transatlantische Sicherheit darstellt", sagte etwa Julianne Smith, eine frühere außenpolitische Beraterin in der Obama-Regierung, die nun das Biden-Team berät. Dazu gehörten die "Verwundbarkeit" durch chinesische Kontrolle über Häfen in der EU. Auch die harte Position gegenüber dem Einsatz chinesischer Technologie im modernen 5G-Mobilfunktnetz dürfte weiter umstritten sein.
 
Spannungen mit der deutschen Bundesregierung dürften auch im Streit um die Nord-Stream-2-Pipeline durch die Ostsee bleiben, die russisches Gas nach Westeuropa pumpen soll. Auch hier ist der Widerstand in Washington parteiübergreifend. Der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, warnt ohnehin davor, sich nun zu sehr darüber zu freuen, dass Biden in Umfragen vor Trump liege. In Berlin habe man 2016 weder die Wahl Trumps noch den Brexit erwartet. "Die Bundesregierung ist also ein gebranntes Kind. Deshalb stellt man sich besser darauf ein, dass man noch vier weitere Jahr mit Trump zusammenarbeiten wird", sagte der CDU-Politiker zu Reuters.
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