Historischer Abschied: Gestern begann die Mammutaufgabe Brexit. Was zu klären ist.
259 Wörter beinhaltet jener Brexit-Brief, den der britische Botschafter Tim Barrow gestern EU-Ratspräsident Donald Tusk übergeben hat. Jetzt wartet auf die EU und das britische Brexit-Team eine Monsteraufgabe: 7.000 Sachbereiche gilt es zu klären, 21.000 EU-Gesetze müssen aufgelöst werden. Theoretisch müssten die Experten 50 Gesetzestexte pro Tag abarbeiten, um in zwei Jahren mit dem Trennungsprozess fertig zu sein.
Schmutzig: Jetzt geht es um Milliarden und Macht
Was zahlen wir? Jeder der Trennungspunkte ist extrem heikel. Ein langer, schmutziger Scheidungskrieg droht. Es geht auch ums Geld.
- Die Briten schulden der EU zwischen 55 und 60 Milliarden Euro. Wann und wie wird London zahlen?
- Die Briten waren Nettozahler: fünf Milliarden pro Jahr. Allein für Österreich könnten sich nun die Beiträge um bis zu 400 Millionen pro Jahr erhöhen. Außenminister Kurz sagt dazu „No“: „Nicht wir werden zahlen, die EU muss bei Ausgaben sparen.“
- Insgesamt leben drei Millionen EU-Bürger in England, davon 25.000 Österreicher. Ihnen droht vorerst kein Ende ihrer Arbeitserlaubnis.
- 111 Austrofirmen sitzen in England, 32.363 Mitarbeiter haben sie. Großbritannien ist unser achtgrößter Handelspartner: vier Milliarden pro Jahr. Erwartet wird ein Minus von vier Prozent.
EU-Chef Juncker nennt den Brexit »eine Tragödie«
Mit dem Austritt der Briten gerät die EU-Machtbalance aus den Fugen.
- Kleinere Länder befürchten, dass nun Deutschland, Frankreich und Italien noch mehr Macht erhalten.
- Der weltpolitische Einfluss sinkt: London war stets eine wichtige Brücke zu den USA. Das fällt nun weg.
- Brexit ist ein Tabubruch. Die 27 verbleibenden Länder beschwören zwar die Einheit, es könnten aber andere EU-Länder dem britischen Beispiel folgen.Karl Wendl