Als Nachfolger Polens

Dänemark übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

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 Nicht-Euro-Staat nun in Euro-Krise und Finanzplanung gefordert.

Dänemark hat mit dem Jahreswechsel die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die wichtigsten Herausforderungen für Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt, Sozialdemokratin und EU-Befürworterin, und ihre Regierung im ersten Halbjahr 2012 sind vor allem die Schuldenkrise sowie die mehrjährige EU-Finanzplanung.

Als Nicht-Euro-Staat übernimmt Dänemark eine Schlüsselstellung beim Versuch, die EU-Mitglieder ohne Euro-Währung in die Bemühungen um Budgetdisziplin und Stabilisierung des Euros einzubinden. "Jetzt geht es ausschließlich darum, den Euro zu retten", definierte die erst seit drei Monaten im Amt befindliche Thorning-Schmidt am im Vorfeld, welchen Weg sie vor sich sieht. Beim EU-Krisengipfel am 9. Dezember hatte sie erklärt, dass sie ihr Land am liebsten schnell hinter den vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel durchgeboxten Euro-Pakt stellen würde.

Was die Finanzvorschau der EU für die Jahre 2014 bis 2020 betrifft, geht es um knapp eine Billion Euro. Sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen, vor allem eine neue Finanztransaktionssteuer für die EU, sind umstritten. Eine Einigung wird erst am Jahresende erwartet, doch Dänemark muss entscheidende Vorarbeit leisten.

In Sachen EU-Erweiterung muss der EU-Gipfel im März entscheiden, ob Serbien Beitrittskandidat wird. Die Verhandlungen mit der Türkei stocken. Mit Island werden die Verhandlungen vorangetrieben. Für den Schengen-Raum, in dem es grundsätzlich keine Grenzkontrollen mehr gibt, sollen neue Regeln vereinbart werden. Unter anderem sollen klare Regeln für die zeitweilige Wiedereinführung von Kontrollen in besonderen Situationen, die vor allem ins Spiel gebracht Dänemark hat, geschaffen werden. Es gibt hier einen Kompetenzstreit zwischen Mitgliedstaaten und EU-Kommission.

Thorning-Schmidts Vorgänger als Ratspräsident, der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte eine ernüchternde Bilanz gezogen. "Ich kann heute nicht sagen, dass Europa Ende 2011 geeinter ist als vor sechs Monaten, vor einem Jahr oder vor fünf Jahren", bekannte er am Jahresschluss vor dem Europaparlament. Europa stehe in der Krise jetzt vor der schweren Wahl, "den Weg der Gemeinschaft oder den Weg nationaler und staatlicher Egoismen" einzuschlagen.

Das Verhältnis der Dänen zu Europa gilt als kompliziert und voller Vorbehalte: Sollte die juristische Prüfung des neuen Vertrages für mehr Haushaltsdisziplin ergeben, dass die Dänen Souveränitätsrechte abgeben müssten, wäre automatisch eine Volksabstimmung fällig - mit höchst ungewissem Ausgang. Die Dänen fühlen sich nach 15 Jahren mit sagenhaft boomender Wirtschaft plötzlich im Würgegriff der Krise. Ob das ihre lange Zeit so ausgeprägte EU- und Euro-Skepsis verstärkt oder das Gegenteil bewirkt, gilt in Kopenhagen als völlig offen. Vor diesem Hintergrund hat Thorning-Schmidt mit verblüffend schlechten Werten in den Popularitätsumfragen zu kämpfen.
 

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