Finanzstreit

EU-Gipfel: Kurz warnt vor "faulem Kompromiss"

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'Ich erlebe da bei vielen eine gewissen Beweglichkeit', sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz in Brüssel.

Brüssel. Bundeskanzler Sebastian Kurz warnte beim EU-Finanzstreit vor einem "faulen Kompromiss" beim geplanten Rechtsstaatsmechanismus. "Ich erlebe da bei vielen eine gewissen Beweglichkeit", sagte er am Sonntag. Die "sparsamen Länder" hätten sich darauf geeinigt, dass sie an einer "sehr klaren Position festhalten" würden und eine gewisse Grenze auch nicht bereit seien zu unterschreiten.

Weitere Verzögerungen

Die Suche nach Lösung im Streit um das 1,8 Billionen Euro EU-Finanzpaket geht beim EU-Gipfel in Brüssel in Kleingruppen weiter. Am Nachmittag traf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit den anderen "Frugalen" (Niederlande, Schweden, Dänemark) sowie Finnland die Regierungschefs von Italien, Griechenland, Spanien und Portugal.

Ursprünglich hätte der Gipfel um 16.00 Uhr wieder in großer Runde zusammentreten sollen, doch dies verzögert sich weiter. Der Gipfel werde nicht vor 17.30 beginnen, teilte der Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel, Barend Leyts, auf Twitter mit. Michel lotet seit dem gestrigen Abend Kompromisslinien aus, er will laut Diplomaten einen neuen Kompromissvorschlag vorlegen.

Ein Streitpunkt ist das Verhältnis von Zuschüssen und rückzahlbaren Krediten im 750 Milliarden Euro schweren EU-Aufbaufonds. Die "Frugalen" wollen die Zuschüsse unter 400 Milliarden senken, was die Südländer, aber auch Deutschland und Frankreich, ablehnen.
 
Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel sagte unterdessen, er habe "selten so diametral entgegengesetzte Positionen" in vielen Bereichen gesehen. "Es ist ein Moment der Solidarität, denn wenn einige Länder kollabieren, glaube ich, dass das auch Folgen für andere haben kann."

"Frugale" fordern weniger als 420 Mrd. Euro Zuschüsse

Im Ringen beim Brüsseler Finanzgipfel um den EU-Aufbaufonds "Next Generation EU" fordern die "Frugalen" (Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark) weiter ein deutlich geringeres Volumen an Zuschüssen im Gegensatz zu Krediten.
 
Nach Angaben von Diplomaten bot Ratspräsident Charles Michel am Sonntag an, den Anteil der Zuschüsse weiter auf 420 Milliarden Euro im Rahmen des 750 Milliarden Euro schweren Fonds abzusenken, die Nettozahlergruppe fordert aber ein noch niedrigeres Volumen. Dem Vernehmen nach wollen sie, dass die Zuschüsse unter 400 Milliarden Euro liegen, womit nahezu ein Gleichgewicht an Zuschüssen und rückzahlbaren Krediten hergestellt wäre.
 
Nach Angaben von französischen Diplomaten sind Merkel und Macron bereit, statt der ursprünglich geplanten 500 Milliarden Euro nur 400 Milliarden Euro für nicht zurückzahlbare Zuschüsse aus dem mit 750 Milliarden Euro dotierten Aufbaufonds einzuplanen.
 
Schweden hat nach Angaben von Diplomaten auf ein noch geringeres Volumen an Zuschüssen gedrängt. Michel lotet derzeit mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mögliche Kompromisslinien für einen neuen Entwurf aus. Dieser liege aber noch nicht vor, hieß es.
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